– 02.11.2011

Critical-Chain-Project-Management (CCPM)

Eine Antwort zur Herausforderung des Multiprojektmanagements – und warum sie so wenig gehört wird

Sie kennen die Situation auch aus Ihrem beruflichen Umfeld? Die Zahl der Projekte nimmt in Ihrer Organisation zu, die für diese Projekte benötigten Ressourcen sind und bleiben begrenzt. Ja schlimmer, es gibt einige Schlüsselfähigkeiten und -Expertisen, die nur wenige Ihre Mitarbeiter und Kollegen beherrschen, die auch nicht so einfach zu multiplizieren sind.

Wen wundert es dann, dass Projektleiter in Ihrem Umfeld mit allen Mitteln um diese knappen Ressourcen kämpfen. Dass sie ggf. auf Kosten anderer Projekte und ihrer Projektleiter-Kollegen versuchen, ihre Projekte zu retten und in Zeit, in Budget und in Qualität umzusetzen. Und dass trotz allem das Scheitern von Projekten in Ihrer Organisation der Normalfall ist.

Sie kennen das alles? Dann willkommen in der Welt des Multiprojektmanagements! Willkommen in der Welt der modernen „Projektwirtschaft“. In der Welt der Zukunft, in der Projekte die Arbeitsweise und den Mehrwert in Unternehmen bestimmen werden. In der das strategische und operative Management dieser Multiprojektumgebung über Wohl und Wehe von Organisationen entscheiden werden.

Es gibt viele Ansätze, wie diese Herausforderung der Zukunft zu lösen ist. Beinahe alle diese Ansätze sind sich einig, dass in der Multiprojekt-Umgebung ein starkes strategisches Unternehmensmanagement nötig ist. Daraus sollten dann klare Unternehmensziele und Prioritäten abgeleitet werden. Um damit erfolgreich Projekte abzuwickeln.

Doch wie soll das möglich sein? Sind dazu komplizierte Software-Systeme und personenstarke Organisationen notwendig? Der israelische Physiker Eliyahu Goldratt entwickelte Ende des vorigen Jahrhunderts eine Antwort: Die „Theory-of-Constraints“ (TOC). Er wandte TOC auf das (Multi-) Projektmanagement an und erhielt daraus das Critical-Chain-Project-Management (CCPM).

CCPM beschreibt einen völlig neuen Ansatz zum (Multi-) Projektmanagement. Die wichtigsten Methoden sind dabei:

  • Vermeidung von (schädlichem) Multitasking – Du kannst nur eine Sache zur gleichen Zeit richtig machen.
  • Full Kit – wenn Du was machst, mache es ganz und richtig (oder lass es ganz).
  • Projektstaffelung – Plane sorgfältig und realistisch. Hast Du nicht die notwendigen Ressourcen, plane neu.
  • Sicherheiten – nichts läuft genau so, wie Du es planst. Plane also Sicherheiten – und steuere sie.
  • Konsequente strategische Priorisierung – ein Projekt ist entweder wichtig und wird dann konsequent realisiert – oder es ist unwichtig und wird gar nicht gemacht.
  • Konsequente operative Priorisierung – jedes Projekt ist wichtig, daher bekommt es stets die Ressourcen, die es braucht, um erfolgreich abgeschlossen zu werden.

Das klingt wie Binsenwahrheiten – warum werden Sie dann in nur wenigen Unternehmen gelebt?
Ein Grund ist sicherlich ein mechanistisches Menschenbild, das im heutigen Geschäftsleben Einzug gehalten hat. Daraus resultiert eine Art moderner Aberglauben, der sich niederschlägt in Irr-Paradigmen wie:

  • Ein guter (Projekt-)Manager muss Multitasking-fähig sein!Dabei sind selbst Computer nur durch die Nutzung mehrere Prozessoren dazu in der Lage. Und Menschen haben (noch) nur ein Gehirn.Diesen Glaubenssatz gibt es auch für Mitarbeiter:
  • Diese Aufgabe erledigt mein Mitarbeiter mal schnell zwischendurch!
    Vergessen werden dabei einmal die Rüstzeiten, die jeder Mensch bei jedem Umschalten auf eine neue Aufgabe benötigt. Zudem verzögern sich bei diesem Ansatz alle Aufgaben, die in einem solchen (schädlichen) Multitasking bearbeitet werden.Auf diesem Paradigma basierend glauben viele Unternehmenslenker:
  • Wichtige Projekte müssen so schnell wie möglich gestartet werden!
    Nur dann, so der Irrglaube, können sie auch schnell beendet werden – unabhängig von der Ressourcensituation. „Totaler Unsinn“ sagen gesunder Menschenverstand und CCPM. Wichtig allein ist, dass ein Projekt rechtzeitig beendet wird. Und das kann es nur, wenn es so geplant ist, dass stets genügend Ressourcen zur Verfügung stehen. Das kann bedeuten, dass ein Projekt auch später gestartet werden muss – um wie geplant beendet zu werden.
  • Sicherheiten sind nur etwas für Feiglinge und Bedenkenträger!
    Und können daher aus dem Projektplan gestrichen werden. Ein Missverständnis mit schlimmen Konsequenzen. Durch ihren Charakter haben Projekte eine hohe Komplexität und Neuartigkeit, die eine 100%ig sichere Planung auf die Projektdauer hin nicht möglich machen. Wird dieser Umstand vom Management ignoriert, werden die Projektmitarbeiter die Sicherheiten eben nicht mehr explizit ausweisen. Die impliziten Sicherheiten werden aber unsteuerbar in Planungen und Schätzungen verborgen bleiben.
  • Strategische Priorisierung muss dynamisch sein und dem Tagesgeschäft unterliegen! Schnell und dynamisch ja. Aber Projekte sind keine Wohnwagen, die man mal dahin oder dorthin fährt. Ein Projektportfolio ohne stabile Grundlage ist wie Bauen auf Treibsand oder Stochern im Nebel.

Ein weiterer Grund ist die Trägheit organisatorischer Strukturen. Die alten Linienstrukturen, die uns in der tayloristischen Welt gute Dienste geleistet haben, sind zählebig. Das Projektmanagement selbst hat sich in den meisten Unternehmen ablauf- und speziell aufbauorganisatorisch noch nicht durchsetzen können. So kann es nicht verwundern, dass projektgesteuerte Strukturen für das strategische Unternehmensmanagement auf Skepsis stoßen.

Ein letzter Grund: Auch der Name CCPM ist aus Marketinggesichtspunkten eher ungünstig. Worte wie „Critical“ und „Chain“ rühren in den meisten von uns eher negative Emotionen auf. Die Abkürzung CCPM klingt eher wie ein Überbleibsel aus der Zeit der Sowjetrepubliken als wie eine innovative und revolutionäre Methodik des Multiprojektmanagements. Und allein der Begriff „Critical-Chain-Project-Management“ ist schon alles andere als „sexy“.

Trotzdem: Unternehmen, die CCPM „gewagt“ haben, sind durchweg begeistert. Die Projekte dieser Unternehmen weisen seit Einführung des CCPMs eine hohe Termintreue bei gleichzeitig um durchschnittlich ein Viertel verkürzter Projektdurchlaufzeit. Viele Unternehmen reden über die erfolgreiche Einführung von CCPM nicht, da CCPM für sie einen Wettbewerbsvorteil darstellt, den sie so lange wie möglich behalten möchten.

Daher lade ich Sie ein, mehr zum Critical-Chain-Project-Management zu erfahren. Kontaktieren Sie die GPM Fachgruppe CCPM unter critical-chain@gpm-ipma.de

Guido Bacharach arbeitet seit über 20 Jahren im (Multi-)Projektmanagement mit Schwerpunkt auf IT-gestützte Geschäftsprozesse des Handels und des öffentlichen Dienstes. Er berichtet in diesem Blog, wie in der Praxis Projekte, Programme und Projektportfolios effektiv geführt werden können.


Guido Bacharach arbeitet seit über 20 Jahren im (Multi-)Projektmanagement mit Schwerpunkt auf IT-gestützte Geschäftsprozesse des Handels und des öffentlichen Dienstes. Er berichtet in diesem Blog, wie in der Praxis Projekte, Programme und Projektportfolios effektiv geführt werden können.


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