Benedict Gross 
– 10.12.2013Die gute oder schlechte Nachricht zuerst? - Warum man diese Frage nicht stellen sollte.
Wollen Sie die gute oder die schlechte Nachricht zuerst hören?
Jeder von uns hat diese Frage schon einmal gestellt, wenn er eine schwierige Nachricht überbringen musste. Wahrscheinlich hat auch jeder von uns die Frage schon einmal gestellt bekommen. Wissen Sie noch, wie Sie sich entschieden haben?
Untersuchungen haben jetzt ergeben, dass die Reihenfolge der Nachrichten tatsächlich von großer Bedeutung ist: Sie entscheidet darüber, wie der Empfänger mit den Botschaften umgeht und ob er danach sein Verhalten ändern wird. Das gängige „Sandwich Modell“ des Feedbacks wird damit in Frage gestellt.
Forscher der University of California brachten Probanden paarweise zusammen, wobei einer der Überbringer von je einer guten und einer schlechten Nachricht war, der andere Empfänger der Nachrichten.
Hatte der Überbringer die freie Wahl, welche Nachricht er zuerst berichten sollte, entschieden sich etwas mehr als die Hälfte der Probanden für die gute Nachricht. Dadurch ließ sich im Gespräch die unangenehme Situation, quasi die Stunde der Wahrheit, herauszögern. Instruierte man die Überbringer aber, sich auch Gedanken über die Emotionen des Empfängers zu machen, so entschieden sich die meisten, zuerst die schlechte und dann die gute Nachricht zu übermitteln, damit der Empfänger wieder mit positiven Dingen aufgeheitert werden kann. Ebenso entschieden sich die Probanden: 78% wollten die schlechten Nachrichten zuerst hören.
Die zu überbringenden Nachrichten in dem Versuch waren Ergebnisse eines Persönlichkeitstests, aufgeteilt in die positiven und negativen Charaktereigenschaften. Den Empfängern der Nachrichten erzählte man anschließend, dass noch Zeit übrig sei und bot ihnen an, noch einige kurze interaktive Videos anzusehen – zur Verbesserung der Persönlichkeitseigenschaften, in denen sie schlecht abgeschnitten hatten. Hier unterschieden sich die Gruppen der Empfänger: Diejenigen, die ihre guten Ergebnisse zuerst und die schlechten Eigenschaften am Ende des Gesprächs gehört hatten, nahmen das Angebot gerne an und wollten an ihren Schwächen arbeiten. Diejenigen, die zuerst ihre schlechten Eigenschaften berichtet bekamen und am Ende des Gespräches mit ihren guten Resultaten wieder aufgebaut wurden hatten weniger Interesse, an sich zu arbeiten – sie entschieden sich häufiger, dem Versuchsleiter beim Sortieren von Papierstapeln zu helfen, anstatt die Videos anzusehen.
Die Ergebnisse der Untersuchungen legen zwei Schlüsse nahe:
- Soll der Empfänger emotional geschont und aufgemuntert werden, sollte man die gute Nachricht ans Ende stellen.
- Geht es darum, dass der Empfänger über die Kritik nachdenkt und sein Verhalten ändern soll, gehört die schlechte Nachricht ans Ende.
Die Ergebnisse stellen darüber hinaus in Frage, ob das gängige „Sandwich Modell“ als Feedbackmethode in der Kommunikation wirklich sinnvoll ist. Dabei wird eine (negative) Kritik zwischen zwei positiven Nachrichten oder Lob so verpackt, dass es weder dem Empfänger, noch dem Überbringer weh tut. Allerdings wird dabei die eigentliche kritische Botschaft meist so weich eingehüllt, dass außer einem bequemen Wortteppich nichts mehr übrig bleibt. Und wer kennt das nicht aus der Praxis?
Schlechte Nachrichten zu überbringen macht nie Spaß. Absagen, unbequeme Entscheidungen und Kritik zu vermitteln gehört aber zu den regelmäßigen Aufgaben von Führungskräften, insbesondere Projektleitern. Und hier die gute Nachricht: Die Erkenntnisse dieser Untersuchungen – gepaart mit einer Portion gesundem Menschenverstand und Empathie – können helfen, beim Überbringen von schlechten Nachrichten zielgerichtet vorzugehen und einen passenden Gesprächsaufbau zu wählen.
Die Untersuchungen von Legg & Sweeny werden in einer der Nächsten Ausgaben des Personality and Social Psychology Bulletin veröffentlicht:
Legg, A. M., & Sweeny, K. (2013). Do You Want the Good News or the Bad News First? The Nature and Consequences of News Order Preferences. Personality and Social Psychology Bulletin. doi: 10.1177/0146167213509113
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