Sebastian Wieschowski
– 06.05.2025Digitale Transformation trifft Projektmanagement: Welche Kompetenzen morgen zählen
Die Arbeitswelt ist im Umbruch – digitale Technologien, hybride Arbeitsmodelle und agile Organisationsformen verändern nicht nur Prozesse, sondern auch die Anforderungen an die handelnden Personen. Für Projektmanagerinnen und Projektmanager bedeutet das: Wer langfristig erfolgreich bleiben will, muss mehr mitbringen als klassische PM-Kompetenzen.
„Future Skills“ bezeichnen jene Kompetenzen, die im Kontext der digitalen Transformation entscheidend sind, um mit komplexen, dynamischen und oft unvorhersehbaren Herausforderungen umzugehen. Sie gehen weit über technische Kenntnisse hinaus und umfassen soziale, personale und methodische Fähigkeiten. In der Projektpraxis treten sie immer häufiger als entscheidende Erfolgsfaktoren zutage.
Das klassische Projektmanagement kommt an seine Grenzen
Viele traditionelle PM-Modelle basieren auf Planbarkeit, Stabilität und klaren Rollen. Doch digitale Projektumfelder erfordern ein hohes Maß an Selbstorganisation, Flexibilität und Zusammenarbeit über räumliche und kulturelle Distanzen hinweg. Future Skills schaffen hier eine neue Basis für wirksames Handeln – sowohl auf individueller als auch auf organisatorischer Ebene.
Kompetenzen, die in der digitalen Arbeitswelt zählen
Future Skills sind kein einheitlicher Katalog, sondern ein dynamisches Kompetenzfeld. Für Projektmanager*innen lassen sich jedoch zentrale Kernbereiche identifizieren, die in digitalen Kontexten besonders relevant sind:
- Digitale Kommunikationskompetenz: sicherer Umgang mit digitalen Tools und Formaten
- Vertrauensaufbau in virtuellen Teams: emotionale Intelligenz und Empathie trotz räumlicher Distanz
- Konfliktlösungskompetenz: konstruktiver Umgang mit Spannungen in asynchronen Arbeitsumfeldern
- Selbstlernkompetenz: eigenverantwortliches Lernen in sich schnell verändernden Wissensfeldern
- Ambiguitätstoleranz: souveräner Umgang mit Unsicherheit und Mehrdeutigkeit
- Kollaborative Führung: motivierendes und partizipatives Führen ohne Hierarchie
Vertrauen – das Fundament verteilter Zusammenarbeit
Ein zentrales Thema im digitalen Projektkontext ist Vertrauen. In virtuellen Teams fehlt der informelle Austausch, spontane Korrekturprozesse sind erschwert, Missverständnisse häufen sich. Der Aufbau von Vertrauen muss daher gezielt betrieben werden: durch transparente Kommunikation, klare Rollenverteilung und gemeinsame Rituale, die Bindung und Verlässlichkeit fördern.
Konfliktkompetenz in virtuellen Räumen
Auch Konflikte gestalten sich in digitalen Settings anders. Nonverbale Hinweise fehlen, schriftliche Kommunikation wird leichter missverstanden. Future Skills im Bereich der Konfliktbewältigung beinhalten daher nicht nur Konflikterkennung und -moderation, sondern auch die Fähigkeit, digitale Tools so einzusetzen, dass Konflikte frühzeitig adressiert werden können – bevor sie eskalieren.
Virtuelle Kommunikation – mehr als ein technisches Problem
Technische Plattformen sind die Grundlage virtueller Zusammenarbeit – aber sie garantieren noch keine Verständigung. Future Skills umfassen daher auch das gezielte Einsetzen unterschiedlicher Kommunikationsmittel, den Wechsel zwischen synchronen und asynchronen Formaten sowie das Bewusstsein für digitale Missverständnisse. Wer hier sicher agiert, vermeidet Reibungsverluste und stärkt die Teamdynamik.
Lernen, reflektieren, anpassen: Future Skills sind Prozesskompetenzen
Future Skills sind nicht „trainierbar“ im klassischen Sinne – sie müssen über Erfahrungen, Reflexion und kollegialen Austausch entwickelt werden. Eine Kultur des Lernens, des Feedbacks und des Experimentierens ist deshalb zentral. Projektteams, die diesen Raum bieten, sind besser gewappnet für Veränderungen – und machen Resilienz zum Wettbewerbsvorteil.
Future Skills als Teil der strategischen Projektarbeit
Nicht nur Individuen, auch Organisationen müssen Future Skills als strategische Ressource begreifen. Das bedeutet: gezielte Personalentwicklung, bewusste Teamzusammensetzung und eine Führungskultur, die auf Vertrauen, Entwicklung und Verantwortung setzt. Wer diese Kompetenzen institutionalisiert, stärkt seine Innovations- und Wandlungsfähigkeit.
Wie sich Future Skills im Alltag zeigen
In der Praxis erkennt man Future Skills nicht an Zertifikaten, sondern am Verhalten: Ein Projektmanager, der in einem Krisengespräch die Perspektive wechselt, Konflikte moderiert und gleichzeitig das Ziel im Blick behält – das ist gelebte digitale Kompetenz. Future Skills zeigen sich im Tun – und in der Wirkung auf andere.
Fazit: Projektarbeit neu denken heißt Kompetenzen neu denken
Die Anforderungen an Projektmanagende wachsen – und mit ihnen die Bedeutung von Future Skills. Wer auch in der digitalen Arbeitswelt erfolgreich Projekte steuern will, braucht nicht nur Methodenwissen, sondern neue Haltungen und Fähigkeiten. Future Skills bieten die Grundlage für eine projektorientierte Arbeitswelt, die vernetzt, dynamisch und menschlich zugleich ist.
Jessica Nagel ist Wirtschaftsinformatikerin und wissenschaftlich tätig an der Fakultät für Wirtschaftspädagogik der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Sie stellt Future Skills, also die Kompetenzen für die digitale Arbeitswelt, beim GPM Seminartag am 17. September 2025 im Vorfeld des IPMA World Congress 2025 vor. Nach ihrem Studium in Wirtschaftsinformatik und IT-Management hat sie sich auf die Themen Digitalisierung, Kompetenzentwicklung und Lernkultur spezialisiert. In ihren praxisnahen Formaten verbindet sie technologische Trends mit bildungswissenschaftlichem Tiefgang.
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