– 22.10.2012

Ende gut – alles gut, oder? Wie ein erfolgreicher Projektabschluss gelingt

Nach wie vor liegt der Projektabschluss im Argen, wie eine regelmäßige Umfrage bei meinen Kunden aufs Neue ergab. Von zehn Kunden schließen nur drei Kunden ihr Projekt ordentlich ab.

Die Gründe sind vielfältig. Der einfachste Grund ist, dass ein Endtermin in der Planung nicht vorgesehen ist. Dies gilt vor allem bei internen Projekten. Die Überlastung der Projektleiter führt auch dazu, dass neue Projekte gestartet werden, statt „alte Projekte“ abzuschließen. Viele Führungskräfte fragen am Ende nicht nach einem Abschlussbericht, geschweige denn, welche Erfahrungen vorliegen. Sollten sich nach einem dynamischen Projektverlauf die Beteiligten beruhigt haben, will die Projektleitung mit einem bewussten Projektabschluss keine „schlafenden Hunde“ mehr wecken. Oft gibt es in den Firmen auch keinen Standard oder eine Checkliste, was beim Projektabschluss zu tun ist.

Der Projektabschluss spielt sich auf mehreren Ebenen ab:

  • Die rechtliche Seite
  • Die finanzielle Seite
  • Die fachliche Seite
  • Die organisatorische Seite und
  • Die menschliche Seite.

Sicherlich beeinflussen sich die verschiedenen Seiten, dennoch soll im Folgenden jede Seite für sich dargestellt werden.


1. Die rechtliche Seite

Mit der Abnahme bestätigt der Auftraggeber, dass er die bestellten Funktionen bekommen hat und damit der Vertrag erfüllt ist. Mit der Abnahme geht die Gefahr vom Lieferanten z. B. auf den Auftraggeber über. Kleine Mängel sind dann zum Tag X zu beseitigen. Der Auftragnehmer kann damit seine Schlussrechnung stellen.


2. Die finanzielle Seite

Damit sind wir schon in der kaufmännischen Abteilung. Nach der Rechnungsstellung sind die Projektkonten zu schließen und durch eine Nachkalkulation zu sehen, was das Projekt im Einzelnen gekostet und welchen Gewinn/Verlust das Projekt erwirtschaftet hat. Die wichtigsten kaufmännischen Erkenntnisse sollten in Kennzahlen festgehalten werden.

Hier einige Beispiele:

  • Aufwand zum Sachergebnis, z. B. 100 Std. zu 50 Seiten Pflichtenheft
  • Aufwand zu Anzahl Personal
  • Aufwand der Entwicklung zum Gesamtprojekt
  • Aufwand der Montage zum Gesamtprojekt
  • Anteil Vertrieb zu Entwicklung
  • Anteil Vertrieb zum Gesamtprojekt
  • Personalkosten zu Sachkosten
  • Verhältnis Durchlaufzeit Projekt zu Gesamtkosten
  • Verhältnis zu Fix- und Variablen Kosten
  • Kosten pro Abschnitt/Meilenstein, aufgeteilt in Sach- und Personalkosten
  • Deckungsbeitrag Kalkulation zur Nachkalkulation

(Quelle: Max L. J. Wolf)

Die finanziellen/kaufmännischen Erfahrungen, in Kennzahlen gegossen, können wieder für die Kalkulation von neuen Projekten verwendet werden. Dies gibt die nötige Sicherheit, bei neuen Angeboten nicht ganz daneben zu liegen.


3. Die fachliche Seite

Bei der Abnahme werden alle Projektergebnisse an die Auftraggeber übergeben, soweit diese Teil des Vertrags sind. Die Projektergebnisse werden durch ein Übergabeprotokoll festgehalten. Projektergebnisse sind die Anlage, die Software, die Dokumentation und Prüf- und Testergebnisse. Die Abnahme erfolgt auf der Basis des Lasten- und Pflichtenhefts, soweit diese Dokumente Teil des Vertrags sind. Alle aufgelaufenen Änderungen sind zu protokollieren und in den entsprechenden fachlichen Dokumenten vollständig einzuarbeiten. Zur fachlichen und formalen Richtigkeit kann die Qualitätssicherung beitragen. Auch externe Institutionen werden hier einbezogen.


4. Die organisatorische Seite

Die letzte Statusbesprechung des Kernteams sollte dann der Auswertung der Erfahrungen dienen. Diese Seite wird anhand eines Beispiels erläutert. Die folgende Einladung zeigt den Inhalt der Erfahrungssicherung auf:

Sinn der Erfahrungsauswertung ist, begonnene Fehler für zukünftige Vorhaben auszuschließen und vorhandene Standards/Vorlagen, Checklisten oder Verfahrensanweisungen anzupassen. Damit können Fehler für viele Projekte bereits vor deren Beginn ausgeschlossen werden. Auch organisatorische Kennzahlen können helfen, die Planung und Steuerung für zukünftige Projekte zu erleichtern.

Hier einige Beispiele:

  • Projekt 6 Monate DLZ 5-10 Meetings
  • Teamgröße 5 – 7 Personen
  • Anzahl der APs max. 50 Stück (normal 10 – 25 APs)
  • PM-Aufwand pro Projekt 5-15 % des Gesamtaufwandes
  • Planungsaufwand 1 % (bei 8 Std. 4,8 Min.)
  • Meilensteine max. neun Stück, bei kompakten Projekten 3-5 Stück
  • Kommunikationsaufwand 10-25 % des Arbeitspaketsaufwandes, wenn 2-3 Personen zusammenarbeiten.

(Quelle: Max L. J. Wolf)

Neben der Erfahrungsauswertung ist der Abschlussbericht des Projekts wichtig.

Anlagen zum Projektabschluss-Bericht sollten sein:

  • Auftrag (Vertrag)
  • Letzter Stand Terminplan (SOLL-/IST-Vergleich)
  • Letzter Stand der Mitkalkulation
  • Kurzberichte, Projekt-Radare
  • Abnahme- und Übergabeprotokoll
  • Dankschreiben des Auftraggebers

(Quelle: Max L. J. Wolf)

Mit der Entlastung der Projektleitung durch den Auftragnehmer ist das Projekt auch organisatorisch abgeschlossen.

Selbstverständlich wird die Projektleitung den Kontakt zum Auftraggeber suchen, um mit ihm das Projekt nachzubereiten. In dem Gespräch mit dem Kunden ist die Zufriedenheit herauszuhören und die Möglichkeit, ggf. neue Aufträge zu akquirieren.


5. Die menschliche Seite

Das Ende eines Projekts bedeutet auch, Abschied zu nehmen, vom liebgewonnenen Produkt und von den Mitstreitern. Hier ist ein Dankeschön auf jeden Fall angebracht – heutzutage keine Selbstverständlichkeit – und das „schwarze Loch“ zu verhindern. Mit dem „Loslassen“ ist das Tor für neue Vorhaben weit aufgestoßen.

Die oben beschriebenen Aktivitäten auf den verschiedenen Seiten (1-5) gelten nicht nur für das Projektende, sondern sollten auch pro erreichten Meilenstein durchgeführt werden. Dies verringert die Unsicherheiten und stärkt den Beteiligten den Rücken.

Der Projektabschluss ist somit der Anfang für neue, große Herausforderungen.

Wann haben Sie Ihr letztes Projekt klassisch abgeschlossen? Welche Erfahrungen haben Sie mit Ihrem Projektabschluss gemacht?


Literatur

Max L. J. Wolf, Projekttermine und -kosten im Griff, Haufe Verlag, 2009

Max L. J. Wolf schreibt im GPM Blog zum Thema PM-Praxis. Er war Mitglied der Leitung der GPM Region München. Als Berater und Trainer für Projektmanagement hat er einen großen Einblick in die praktische Arbeit vieler Projekte in Deutschland. Er hat zahlreiche Artikel und Bücher z. B. zu kleinen Vorhaben, Projektmoderation und Zeitmanagement veröffentlicht.


Max L. J. Wolf schreibt im GPM Blog zum Thema PM-Praxis. Er war Mitglied der Leitung der GPM Region München. Als Berater und Trainer für Projektmanagement hat er einen großen Einblick in die praktische Arbeit vieler Projekte in Deutschland. Er hat zahlreiche Artikel und Bücher z. B. zu kleinen Vorhaben, Projektmoderation und Zeitmanagement veröffentlicht.


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