– 27.02.2025

Erfolgsfaktoren des Wiener U-Bahn-Ausbaus: Das Großprojekt Linienkreuz U2/U5 im Fokus

Infrastruktur-Großprojekte in innerstädtischen Gebieten stellen eine besondere Herausforderung dar. Die Wiener Linien, Betreiber des öffentlichen Verkehrs in Wien, erweitern ihr U-Bahn-Netz durch das Projekt „Linienkreuz U2/U5“. Der Ausbau soll die innerstädtische Mobilität verbessern, bestehende Linien entlasten und die nachhaltige Stadtentwicklung unterstützen. Der Beitrag gibt Einblicke in die Planungs- und Bauprozesse, das Projektmanagement sowie die spezifischen Herausforderungen dieses Großvorhabens.

Ein Verkehrsprojekt mit großer Tragweite

Das Linienkreuz U2/U5 ist eines der größten Infrastrukturprojekte in Wien und umfasst insgesamt zwölf neue U-Bahn-Stationen. Vier dieser Stationen sind als zentrale Knotenpunkte geplant, um eine verbesserte Vernetzung innerhalb des bestehenden Netzes zu ermöglichen. Besonders relevant ist die U5, die als erste vollautomatische U-Bahn-Linie Wiens in Betrieb genommen wird. Durch dieses System sollen eine stabilere Taktung, höhere Sicherheitsstandards und eine effizientere Nutzung der bestehenden Infrastruktur sichergestellt werden.

Mit der neuen Streckenführung werden rund 250.000 Menschen besser an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden. Gleichzeitig wird die stark frequentierte Straßenbahnlinie 43, eine der meistgenutzten Linien der Stadt, erheblich entlastet. Dies trägt zur Verbesserung der Lebensqualität und zur Reduktion des innerstädtischen Verkehrsaufkommens bei.

Langfristige Planung für nachhaltige Stadtentwicklung

Der Ausbau der Wiener U-Bahn folgt einer strategischen Verkehrsplanung, die auf regelmäßigen Netzanalysen basiert. Bereits im Jahr 2002 wurde erstmals erkannt, dass eine Verdichtung des innerstädtischen Netzes erforderlich ist, um die wachsende Bevölkerung und den steigenden Mobilitätsbedarf zu bewältigen. In den darauffolgenden Jahren wurden verschiedene Trassenführungen simuliert und bewertet, bevor die endgültige Streckenführung beschlossen wurde.

Nachdem die Variantenuntersuchung abgeschlossen war, folgte die detaillierte Genehmigungs- und Ausschreibungsphase. Die Finanzierung wurde gesichert, sodass der Bau 2021 beginnen konnte. Die erste Ausbaustufe des Linienkreuzes soll 2026 in Betrieb gehen, die vollständige Fertigstellung ist für 2035 geplant.

Bautechnische Herausforderungen im dicht besiedelten Stadtgebiet

Der Bau einer U-Bahn in einem bestehenden Stadtgebiet ist mit erheblichen Herausforderungen verbunden. Die Wiener Linien setzen daher auf eine Kombination aus drei Bauweisen:

  1. Offene Bauweise: Diese Methode wird vor allem für Schachtbauwerke verwendet. Dabei werden tiefe Baugruben errichtet, die für den Zugang zum Tunnelbau und die späteren Stationen benötigt werden.
  2. Tunnelvortrieb mit Bohrmaschinen: Für längere Streckenabschnitte kommen Tunnelbohrmaschinen zum Einsatz, die sich durch den Untergrund graben und gleichzeitig die Tunnelröhre mit Betonsegmenten stabilisieren.
  3. Neue Österreichische Tunnelbaumethode (NÖT): Diese Methode ermöglicht den Bau in geologisch schwierigen Verhältnissen, indem der Tunnel schrittweise gegraben und unmittelbar gesichert wird.

Besonders anspruchsvoll ist der Bau unter beengten Platzverhältnissen. Der laufende Straßenverkehr muss weitgehend aufrechterhalten bleiben, während gleichzeitig die Bauarbeiten so effizient wie möglich durchgeführt werden. Zudem müssen strenge Umweltauflagen eingehalten werden, um Lärm- und Erschütterungsbelastungen für die Anwohnerinnen und Anwohner zu minimieren.

Ein starkes Bauherrnmodell als Erfolgsfaktor

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor dieses Großprojekts ist das Managementmodell der Wiener Linien. Im Gegensatz zu vielen anderen Infrastrukturprojekten, bei denen externe Projektsteuerungen dominieren, setzen die Wiener Linien auf ein starkes Bauherrnmodell. Das bedeutet, dass wesentliche Aufgaben wie Planung, Projektsteuerung und Bauaufsicht mit Eigenpersonal durchgeführt werden.

Dieses Modell bringt mehrere Vorteile mit sich:

  • Schnellere Entscheidungsprozesse: Durch die enge Verzahnung zwischen Bau und Betrieb können wichtige Entscheidungen ohne lange Abstimmungswege getroffen werden.
  • Langfristige Wissenssicherung: Das Know-how bleibt innerhalb des Unternehmens und kann für zukünftige Projekte genutzt werden.
  • Effektive Qualitätskontrolle: Eigenes Personal ist dauerhaft auf den Baustellen präsent, um die Einhaltung der Qualitätsstandards zu überwachen.

Neben der technischen und organisatorischen Planung spielt auch die Kommunikation eine zentrale Rolle. Infrastrukturprojekte dieser Größe betreffen zahlreiche Stakeholder – von politischen Entscheidungsträgern über Anwohnerinnen und Anwohner bis hin zu Wirtschaftsakteuren. Eine proaktive und transparente Kommunikation ist daher entscheidend, um Akzeptanz zu schaffen und Konflikte frühzeitig zu lösen.

 

Der Vortrag „Österreich: Linienkreuz U2/U5 in Wien – von der Idee bis zur ersten U-Bahn-Fahrt" von Martin Hrunek war Teil des PM Forum Digital am 7. und 8. November 2024 in Hamburg. Mit vier exklusiven Keynotes und über 50 Referierenden präsentierte das PM Forum praxisnahe Lösungen und zukunftsweisende Strategien, die die Teilnehmenden in ihrer Projektarbeit unterstützen und nachhaltig inspirieren. Mehr zur Veranstaltung erfahren Sie hier: https://www.pm-forum.de/pm-forum-digital/

Die GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. ist ein gemeinnütziger Fachverband für Projektmanagement. Dieser trägt wesentlich zur Professionalisierung und Weiterentwicklung des Projektmanagements in Deutschland bei und bietet umfangreiche Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung sowie zur Zertifizierung im Projektmanagement.


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