– 17.04.2025

Introvision im Projektmanagement: So entstehen Handlungsspielräume im Kopf

Termindruck, widersprüchliche Erwartungen, komplexe Entscheidungen – Projektverantwortliche stehen häufig unter mentaler Dauerbelastung. In solchen Situationen fällt es schwer, klar zu denken und angemessen zu handeln. Genau hier setzt Introvision im Projektmanagement an: Die Methode hilft dabei, innere Konflikte zu erkennen, automatische Denkreaktionen zu entschärfen und mehr Handlungsspielraum zu gewinnen.

Entstehung und Grundlagen der Methode

Introvision wurde seit den 1990er-Jahren an der Universität Hamburg entwickelt. Die Erziehungswissenschaftlerin Prof. Dr. Angelika C. Wagner und ihr Team wollten herausfinden, wie Menschen dauerhaft mehr innere Klarheit und Selbststeuerung erlangen können – ohne klassische therapeutische Interventionen. Grundlage der Methode ist die Erkenntnis, dass viele emotionale Reaktionen nicht allein durch äußere Umstände entstehen, sondern durch innere unbewusste Denk- und Erwartungsmuster.

Typische Beispiele sind Sätze wie:

  • „Ich darf keine Schwäche zeigen.“
  • „Ich muss alles unter Kontrolle haben.“
  • „Ich darf keine Fehler machen.“

Solche „inneren Imperative“ wirken im Hintergrund und erzeugen Druck. Gerade im Projektmanagement, wo Verantwortung und Erwartungen hoch sind, beeinflussen sie Entscheidungen und Verhalten oft stärker, als es den Beteiligten bewusst ist. Genau hier setzt die Introvision an – mit dem Ziel, diese automatischen Reaktionen sichtbar zu machen und aufzulösen.

Wie funktioniert Introvision?

Introvision im Projektmanagement basiert auf einer zentralen Technik: dem Konstatierenden Aufmerken. Dabei werden Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen bewusst beobachtet – ohne Bewertung, ohne Analyse, ohne Veränderungsabsicht. Was auf den ersten Blick simpel klingt, bewirkt in der Praxis eine tiefgreifende Veränderung im Umgang mit inneren Spannungen.

Ein Beispiel: Eine Projektleitung fühlt sich in Meetings mit dem Lenkungsausschuss regelmäßig unwohl. Der dahinterstehende Gedanke lautet: „Ich darf mich nicht blamieren.“ In der Introvision wird dieser Gedanke nicht unterdrückt oder positiv umgedeutet, sondern lediglich wahrgenommen: „Da ist der Gedanke, ich darf mich nicht blamieren.“ Dieser bewusste Abstand führt dazu, dass der Gedanke an Kraft verliert – er wird nicht mehr als zwingend empfunden.

Durch diese wertfreie Selbstwahrnehmung entsteht innere Distanz zu automatischen Reaktionsmustern. Die Folge: Mehr Klarheit im Denken, mehr Ruhe im Handeln, mehr Flexibilität im Umgang mit schwierigen Situationen. Es entstehen Handlungsspielräume im Kopf.

Anwendung im Projektalltag

Introvision lässt sich gezielt in herausfordernden Projektphasen einsetzen – etwa bei Entscheidungsdruck, in Konfliktsituationen oder vor kritischen Präsentationen. Auch im Umgang mit Teamdynamiken, Rollenkonflikten oder persönlicher Unsicherheit bietet die Methode einen hilfreichen Zugang zur Selbstreflexion.

Gerade Projektleitende, die Verantwortung für Teams und Ergebnisse tragen, profitieren davon, sich nicht von automatischen Gedankenmustern treiben zu lassen. Stattdessen gewinnen sie einen bewussteren Zugang zu ihrem Verhalten – und können dadurch auch auf zwischenmenschlicher Ebene souveräner kommunizieren und entscheiden.

Voraussetzungen und Grenzen

Introvision ist keine therapeutische Methode, ersetzt keine klinische Behandlung und eignet sich nicht für akute Krisen. Sie richtet sich an Menschen mit der Bereitschaft zur Selbstbeobachtung und einem gewissen Maß an innerer Stabilität. Der Einstieg erfolgt idealerweise begleitet – etwa durch zertifizierte Introvisionsberater oder in strukturierten Trainings.

Langfristig lässt sich die Methode jedoch auch eigenständig anwenden, etwa durch regelmäßige Übungsphasen im Projektalltag. Sie kann so zu einem nachhaltigen Instrument der Selbststeuerung werden – ohne großen Zeitaufwand, aber mit tiefer Wirkung.

Fazit: Klarheit statt Reaktion

Introvision im Projektmanagement schafft Raum für bewusste Entscheidungen – dort, wo bisher Automatismen am Werk waren. Die Methode bietet eine einfache, aber wirkungsvolle Möglichkeit, innere Denkprozesse sichtbar zu machen und aufzulösen. Wer mit mehr innerer Klarheit durch komplexe Projektphasen geht, schafft nicht nur bessere Ergebnisse, sondern gestaltet auch die eigene Rolle bewusster und selbstbestimmter.

Katja Bäumel ist als PR-Managerin mit den Schwerpunkten „Online- und Bewegtbildredaktion“ bei der GPM tätig. Zuvor war sie, neben diversen Auslandsaufenthalten, als Projektleiterin für die Online-Redaktion von unternehmer.de sowie für Projekte bei der Volkswagen AG, der Deutschen Bank AG und Russell Hobbs verantwortlich.


Katja Bäumel ist als PR-Managerin mit den Schwerpunkten „Online- und Bewegtbildredaktion“ bei der GPM tätig. Zuvor war sie, neben diversen Auslandsaufenthalten, als Projektleiterin für die Online-Redaktion von unternehmer.de sowie für Projekte bei der Volkswagen AG, der Deutschen Bank AG und Russell Hobbs verantwortlich.


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