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– 25.02.2025Missverständnisse in der Kommunikation – Ursachen, Beispiele und Lösungen
Missverständnisse gehören zum Alltag – sei es im beruflichen oder privaten Umfeld. Besonders in komplexen Projekten können sie zu erheblichen Problemen führen, wenn Erwartungen, Begriffe oder Informationen unterschiedlich verstanden werden. Unklare Kommunikation kann Konflikte auslösen, die Zusammenarbeit erschweren und sogar den Erfolg eines gesamten Projekts gefährden.
Doch warum entstehen Missverständnisse überhaupt? Welche Faktoren beeinflussen unsere Wahrnehmung und Interpretation von Sprache? Und wie kann man gezielt darauf hinarbeiten, Missverständnisse zu vermeiden? Eine bewusste Auseinandersetzung mit diesen Fragen ist der erste Schritt zu einer klareren und effektiveren Kommunikation.
Warum entstehen Missverständnisse?
Missverständnisse können aus unterschiedlichen Gründen entstehen. Sie reichen von unklaren Begrifflichkeiten über unausgesprochene Erwartungen bis hin zu emotionalen Reaktionen auf gesprochene Worte.
1. Unterschiedliche Begrifflichkeiten
Sprache ist nicht immer so eindeutig, wie sie auf den ersten Blick erscheint. Begriffe können je nach Kontext und Fachbereich unterschiedliche Bedeutungen haben, was schnell zu Verwirrung führt.
Ein typisches Beispiel aus der Geschäftswelt ist die Definition von Quartalen. Während viele Unternehmen das Kalenderjahr zugrunde legen (Q1 = Januar bis März), beginnt das Geschäftsjahr in anderen Firmen – wie bei Microsoft – erst im Juli. Wenn jemand von „Q1“ spricht, kann das je nach Unternehmen völlig unterschiedliche Zeiträume bedeuten.
Ähnlich verhält es sich mit Fachjargon. Während „Programmmanagement“ im klassischen Projektmanagement eine übergeordnete Rolle bezeichnet, die mehrere Projekte zusammenfasst, bedeutet es im agilen Umfeld – beispielsweise im SAFe-Framework – etwas anderes: Dort beschreibt es die Koordination agiler Teams. Solche Missverständnisse entstehen oft, weil nicht allen Beteiligten bewusst ist, dass Begriffe unterschiedlich verwendet werden können.
2. Implizite Annahmen und unausgesprochene Erwartungen
Nicht immer liegt das Problem in der Sprache selbst – oft sind es auch implizite Annahmen, die für Missverständnisse sorgen.
Ein Beispiel: Eine Projektleitung sagt, dass das nächste Projekt „kleiner“ geplant werden soll. Die Teammitglieder verstehen diese Aussage unterschiedlich: Einige gehen davon aus, dass das Team verkleinert wird, andere nehmen an, dass es um eine Reduzierung des Funktionsumfangs geht. Diese Diskrepanz kann dazu führen, dass die Planung ineffizient abläuft oder falsche Entscheidungen getroffen werden.
Auch Rollenerwartungen sind eine häufige Fehlerquelle. Manche Teams erwarten, dass ihre Projektleitung klare Anweisungen gibt, während dieser davon ausgeht, dass das Team eigenständig arbeitet. Wenn diese Erwartungen nicht explizit kommuniziert werden, kann dies zu Frustration und Unsicherheit führen.
3. Kulturelle Unterschiede
Kulturelle Prägungen beeinflussen stark, wie Kommunikation wahrgenommen wird. Besonders im internationalen Umfeld können unbewusste Unterschiede zu Missverständnissen führen.
Ein Beispiel hierfür ist der Umgang mit Gesprächspausen. In den USA gilt es als Zeichen von Desinteresse, wenn nach einer Aussage länger als eine Sekunde geschwiegen wird. In Finnland hingegen sind Pausen von bis zu 15 Sekunden völlig normal – sie signalisieren, dass das Gesagte respektvoll überdacht wird. In einem Gespräch zwischen einem Amerikaner und einem Finnen kann es daher leicht passieren, dass beide die Gesprächsführung des jeweils anderen als unangemessen empfinden.
Auch sprachliche Feinheiten spielen eine Rolle. So bedeutet das französische Wort „demander“ schlicht „fragen“. Im Englischen hingegen bedeutet „demand“ so viel wie „fordern“. Eine amerikanische Professorin in Paris könnte daher fälschlicherweise glauben, dass ihre französischen Studenten unhöflich sind, wenn sie um etwas „demandaient“, obwohl dies im Französischen eine völlig normale Ausdrucksweise ist.
4. Emotionale Reaktionen
Kommunikation ist nicht nur eine sachliche Angelegenheit – sie löst auch Emotionen aus. Dieselbe Aussage kann je nach persönlicher Erfahrung oder Beziehung zum Gesprächspartner unterschiedlich wahrgenommen werden.
Die Aussage „Wir sollten uns beim nächsten Projekt mehr Zeit für die Planung nehmen“ kann beispielsweise unterschiedlich interpretiert werden:
- Ein Teammitglied versteht sie als konstruktiven Vorschlag, der helfen soll, zukünftige Projekte effizienter zu gestalten.
- Ein anderes Teammitglied wertet sie als Kritik an der bisherigen Planung und fühlt sich persönlich angegriffen.
Solche Missverständnisse entstehen oft unbewusst, weil frühere Erfahrungen oder bestehende Unsicherheiten beeinflussen, wie eine Nachricht aufgenommen wird.
5. Zeitliche Missverständnisse
Auch unklare Zeitangaben sind eine häufige Fehlerquelle in der Kommunikation.
Wenn jemand sagt „Ich erledige das gleich“, kann das je nach Person und Kontext bedeuten, dass die Aufgabe in den nächsten Minuten, Stunden oder sogar erst in einigen Tagen bearbeitet wird. Während für die eine Person „gleich“ eine sofortige Umsetzung bedeutet, kann es für eine andere „im Laufe des Tages“ heißen.
Solche Missverständnisse lassen sich oft durch präzisere Formulierungen vermeiden, z. B.: „Ich werde es bis heute Abend abschließen.“
Wie lassen sich Missverständnisse vermeiden?
Missverständnisse lassen sich nie vollständig ausschließen, doch ihre Auswirkungen können durch bewusste Kommunikation minimiert werden.
1. Begriffe klären
Gerade in fachlichen Diskussionen lohnt es sich, zentrale Begriffe explizit zu definieren. Eine einfache Nachfrage wie „Was genau meinst du mit …?“ kann viel Klärung bringen und verhindert, dass alle Beteiligten von unterschiedlichen Annahmen ausgehen.
2. Erwartungen explizit machen
Unausgesprochene Erwartungen sind eine der häufigsten Ursachen für Missverständnisse. Klare Kommunikation darüber, wer welche Rolle übernimmt und welche Ergebnisse erwartet werden, schafft Transparenz und reduziert Konflikte.
3. Kulturelle Sensibilität entwickeln
Wer mit internationalen Teams arbeitet, sollte sich über kulturelle Unterschiede in der Kommunikation bewusst sein. Dazu gehört auch die Kenntnis von sprachlichen Feinheiten oder sozialen Normen – beispielsweise, wie Unterbrechungen oder Gesprächspausen interpretiert werden.
4. Emotionale Faktoren berücksichtigen
Ein bewusster Umgang mit der eigenen Sprache und der möglichen Wirkung auf andere hilft, unnötige Konflikte zu vermeiden. Aussagen sollten so formuliert werden, dass sie möglichst neutral und nicht wertend wirken.
5. Präzisere Zeitangaben nutzen
Vage Begriffe wie „bald“, „gleich“ oder „später“ können leicht zu Missverständnissen führen. Eine klare Zeitangabe („Ich werde das bis morgen um 12 Uhr erledigen“) schafft Verbindlichkeit und verhindert Unsicherheiten.
Fazit
Missverständnisse entstehen oft unbewusst – sei es durch unklare Begrifflichkeiten, unausgesprochene Erwartungen oder emotionale Reaktionen. Um sie zu vermeiden, braucht es nicht nur präzisere Sprache, sondern auch eine bewusste Haltung in der Kommunikation. Wer aktiv zuhört, gezielt nachfragt und sich seiner eigenen Interpretationen bewusst ist, kann dazu beitragen, Missverständnisse zu reduzieren und die Zusammenarbeit im Team zu verbessern.
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