Irene Timmers
– 08.05.2025Mit Konflikten erfolgreich Projekte zaubern
Konflikte gehören zum Projektalltag, schon in der IPMA steht: Merkmal von Projekten ist, dass es Zielkonflikte und Ressourcenkonflikte gibt.
Dennoch sind Konflikte unangenehm, man mag sich damit nicht beschäftigen. Denn sie berühren, bewegen, triggern – und daran mag niemand gerne rühren.
Verständlich. Doch wenn die Konflikte eskalieren oder unausgesprochen bleiben, gefährden sie Zeitpläne, Budgets und die Motivation der Beteiligten.
Mit einer anderen Sichtweise auf Konflikte bleibt man in derartigen Situationen handlungsfähig und mit den richtigen Werkzeugen und Methoden lassen sich Konflikte frühzeitig erkennen und konstruktiv lösen.
Ein Beispiel: Missverständnisse zwischen Angelika und Martin
Nehmen wir ein einfaches Beispiel:
Zwei Projektteammitglieder arbeiten zusammen. Die eine Person, nennen wir sie Angelika, benötigt Hilfe bei einer Aufgabe. Sie muss eine Präsentation mit Grafiken und in Englisch erstellen und halten. Darin ist sie nicht gut. Sie hatte dies vor zwei Monaten angesprochen und die zweite Person, nennen wir sie Martin, hatte ihr versprochen zu unterstützen. Doch jetzt reagierte er nicht auf ihre konkrete Bitte. Das sah Angelika als einen Affront an. Während Angelika sich schon mitten in einem Konflikt mit Martin befindet, bemerkt Martin lediglich, dass Angelika sich ihm gegenüber komisch verhält.
Was Missverständnisse im Team auslösen können
An dem Beispiel ist erkennbar, dass es unterschiedliche Sichtweisen auf eine Situation gibt. Und dadurch können Missverständnisse entstehen. Diese können wiederum bis zur Lähmung führen, weil die Projektteammitglieder
- sich aus dem Weg gehen
- damit beschäftigt sind, die Handlungen und Aussagen des Gegenübers zu interpretieren und in den Konfliktkontext zu setzen
- Strategien entwickeln, sich ins richtige Bild zu setzen oder der anderen Person zu schaden
- Mit anderen Personen darüber zu sprechen und sich in der eigenen Sichtweise auf die Situation zu bestätigen und abzusichern
Und damit tritt der Fokus auf das eigentliche Projekt und das Projektziel mehr und mehr in den Hintergrund.
Projektkommunikation ist mehr als Informationsaustausch
Projektkommunikation ist eines der wichtigen Methoden dieser Entwicklung gegenzusteuern. Dafür gibt es unterstützende Projektmanagement-Werkzeuge wie bspw. Stakeholdermatrix, Risikomanagement und Kommunikationsstrukturen.
Doch wieso haben die im Fall von Angelika und Martin nicht geholfen?
Schauen wir nochmals auf unser Beispiel und gehen zwei Monate zurück:
Angelika: Ich brauche Hilfe.
Martin: Ich helfe Dir.
So weit, so gut! Doch die Kommunikation ist zwei Monate her. Angelika hat nicht daran angeknüpft und auch nicht transparent gemacht, dass Sie die Hilfe schnell und dringend braucht. Martin hat nicht kommuniziert, dass ihm zur Einschätzung wesentliche Informationen fehlen (z.B. bis wann braucht Angelika das Ergebnis) und sich seine Prioritäten verschoben haben.
Projektkommunikation ist mehr als reiner Informationsaustausch – sie ist der Schlüssel zur Handlungsfähigkeit. Funktioniert sie nicht, wird es schnell teuer: Verzögerungen, Missverständnisse und steigende Reibungsverluste können Projekte aus der Bahn werfen.
Wichtig ist neben einer klaren und respektvollen Kommunikation auch, dass Raum gegeben wird für das Thema „wie gehe ich mit Konflikten um“ zu geben. Es hilft, den Projekterfolg nachhaltig zu sichern.
In dem ich diesen Raum schaffe, gebe ich einen Rahmen, in dem sich die Menschen austauschen können, gemeinsam eine Situation oder ein Thema zu betrachten. Und ein Verständnis füreinander aufbauen. „Ah so siehst Du das!“. „Ich sehe es so: …“
Konflikte als Hinweise und Entwicklungschance
Schauen wir nochmal auf unser Beispiel:
- Konflikte zeigen auf, dass an einer bestimmten Stelle mehrere Meinungen möglich sind.
- Konflikte zeigen auf, dass an einer bestimmten Stelle nicht die Werkzeuge etabliert sind, einen Konflikt gar nicht entstehen zu lassen (Prävention) oder einen Konflikt zu lösen (Management).
- Konflikte bieten das Potential, die Organisationsstruktur innerhalb eines Projektes (und im weiteren Verlauf innerhalb eines Unternehmens) und die Kommunikationsstruktur innerhalb des Teams (und im weiteren Verlauf innerhalb der gesamten Projektorganisation) weiterzuentwickeln.
Als Projektleitung habe ich mit diesem Rahmen die Grundlage geschaffen für weitere Handlungen:
In dem ich diesen Raum schaffe, gebe ich den Konflikten eine Richtung: die zur Lösung hin. Was braucht mein Gegenüber gerade, um sich zu entwickeln? Um das zu leisten, was er erreichen will oder ich von ihm wünsche? Und was kann ich dazu beitragen bzw. will ich auch leisten?
Konflikten eine Richtung geben: drei konkrete Ansätze
Es geht darum, einen Rahmen zu geben – Wenn ich mir über den Rahmen im Klaren bin, kann ich auch für das Projektteam und alle Stakeholder im Projekt einen Rahmen geben. Damit schaffe ich einen Rahmen für die Konflikte. Sie werden handhabbar.
Übergeordnet lassen sich die Konflikte wie folgt bearbeiten:
Moderation eines Gesprächs, in dem die Bedürfnisse und Wünsche der Beteiligten im Mittelpunkt stehen. Das Gespräch schafft Raum für die Sichtweise der jeweils anderen Person und öffnet damit den Blickwinkel.
Bei unserem Beispiel: Angelika merkt, dass das nächste Mal die Wichtigkeit und Dringlichkeit des Anliegens klar formuliert. Und Martin erkennt, dass er das nächste Mal nach einem Termin fragt bzw. klar formuliert, dass er aktuell nicht leisten kann.
Konflikt generalisieren: „Mir ist aufgefallen, dass es immer mal wieder Missverständnisse zwischen uns im Team bzw. den Stakeholdern gibt. Lasst uns doch mal überlegen, was wir anders machen können, um dies zu vermeiden bzw. wenn es aufkommt, wie wir dann die Thematik lösen. Hier sind wir bei Kommunikationsstrukturen.
Bei unserem Beispiel: Wir wissen, es gibt eine Stelle, die mehrere Meinungen zulässt: die Meinung von Angelika und die Meinung von Martin zum Thema Hilfestellung bei einer Aufgabe. Und wir sehen, dass beide nicht die richtigen Werkzeuge haben, dies zu klären. Also können wir mit dem Team diese Werkzeuge etablieren. Und dies lässt sich ganz generell im Rahmen von Teamentwicklung / Alltagsbesprechungen klären.
- Optimierung der Organisations- und Prozessstruktur: Eine klare Schnittstellendefinition gekoppelt mit einer klaren Rollendefinition (z.B. wo hört meine Rolle als PL auf und wo fängt die Rolle des Mitarbeitenden an) schafft Transparenz. Bei unserem Beispiel: Häufig sind in Projektteams die die Prozesse in Bezug auf die Schnittstellen unklar. Was ist an den Übergabestellen? Was erwarte ich von meiner übergebenden Stelle und was an der Stelle, an der ich übergebe? Hat mein Gegenüber die gleiche Erwartung? Und das führt wieder zurück zu der Stelle, dass Konflikte aufzeigen, dass mehrere Meinungen möglich sind. Wenn ich unterschiedliche Erwartungen an einer Schnittstelle habe, liegt hier ein Potential für Konflikte.
Vom Konflikt zur Lösung: Was Projektleitungen tun können
Zusammenfassend gesagt geben Konflikte Hinweise: Es sind noch Themen nicht klar und transparent genug. Konflikte zu meiden und nicht anzusprechen, kostet nicht nur Zeit und Geld. Man nimmt den Menschen im Projekt die Menschlichkeit, die ihnen eigen ist. Und sich selbst als Projektleitung die Chance, sich selbst, denen die am Projekt beteiligt sind und das Projekt weiterzuentwickeln.
In der interaktiven Veranstaltung „Mit Konflikten erfolgreiche Projekte zaubern“ der GPM Regionalgruppe Bielefeld/OWL gab es als Feedback in der Teilnehmerdiskussion, dass es regelmäßig Konflikte durch unausgesprochen Erwartungshaltungen oder fehlende Rollenklarheit gibt. Ich gab daraufhin folgenden Impuls:
Ihr könnt einfach mal morgen mit einer Person anfangen: Nehmt Euch 10 Minuten Zeit, sucht Euch eine Person aus Eurem Team aus und überlegt Euch, in welchem Kontext sie arbeitet. Und beobachtet mal, wie sie an dem Tag arbeitet, und schaut, ob der Rahmen dazu passt. Und wenn ihr alle im Homeoffice arbeitet, dann habt ihr Online-Meetings, in denen ihr die Person erlebt, oder E-Mails, die ihr von der Person bekommt, usw.
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