– 13.04.2021

Pandemiekrise, Klimakrise und Digitale Transformation: Bewältigung der aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen mit Projekten

Pandemiekrise, Klimakrise und Digitale Transformation: Bürger erwarten von der Politik Führung und Problemlösungskompetenz statt Parteienstreit und föderale Sonderwege. Auf dem Spiel steht ihr Vertrauen gegenüber ihrem Staat. Die Bewältigung der Pandemiekrise und die Umsetzung der Klimaziele können ohne professionell geführte Programme und Projekte und eine gemeinwohlorientierte Projektkultur: „Alle für eine gemeinsame Sache“ nicht gelingen. Die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen erfordern professionelles und gemeinwohlorientiertes Projekt­management. Welchen Beitrag kann die Projektmanagement Community dazu leisten?

Seit über einem Jahr wird Deutschland durch die Pandemiekrise erschüttert. Ansätze für eine vorausschauende Pandemieplanung waren 2013 gestoppt worden. Gravierende Auswirkungen des Rückstands bei der Umsetzung der Regierungs-Programme „Digitale Agenda“ und „Digitale Verwaltung 2020“ wurden sichtbar, insbesondere in den Schulen und Gesundheitsämtern. In allen Bereichen wurde unter hohem Zeitdruck improvisiert und aus den dabei gemachten Fehlern nicht schnell genug gelernt. Inzwischen wird öffentlich viel Kritik am unzureichenden Management zur Bewältigung der Corona-Krise geübt.

Die traditionellen hierarchischen Behörden-Strukturen können die zahlreichen Akteure und Stakeholder nicht ausreichend einbinden und auf das große Maß an Unsicherheit nicht angemessen reagieren. In dieser Situation ist es die Verantwortung und Chance für die GPM, das große Potenzial von professionellem gemeinwohlorientierten Projektmanagement für die Bewältigung der Corona-Krise sichtbar zu machen: Mit Projektmanagement lassen sich die Aufgaben und Schnittstellen auf den unterschiedlichen Ebenen (Organisation, Kommune, Land, Bund) strukturieren und leichter beherrschen. Als Methode und Führungskonzept unterstützt es sowohl das operative als auch das strategische Handeln und vermittelt dazu allen Akteuren einen gemeinsamen Rahmen. Zusammenhänge und Schnittstellen werden transparent und das Bewusstsein für die Notwendigkeit gemeinsamen Handelns steigt. Projektmanagement ermöglicht den vorausschauenden Umgang mit Komplexität, Unsicherheit, Chancen und Risiken. Den hohen Anforderungen an die Flexibilität und Lernfähigkeit der Akteure kann durch agile Managementmethoden und Mind Sets angemessen begegnet werden. Voraussetzung für den Erfolg ist eine angemessene Governance der Programme und Projekte über Organisations-, Ressort- und föderale Grenzen hinweg und die Einbindung aller Stakeholder. Interessenten für ein GPM Projekt zur Corona-Krise können sich gerne bei mir melden (n.heydenreich@gpm-ipma.de).

Dabei können Erfahrungen des GPM Flüchtlingsprojekts (2015-2017) genutzt werden: Dieses hat gezeigt, dass es wichtig ist, Krisen als komplexe Projekte zu erkennen und zu behandeln.  Aus „Wir schaffen das!“ wurde „So schaffen wir das – mit professionellem Projektmanagement!“. Im Rahmen einer Projektgruppe „Flüchtlingshilfe und -integration“ wurden Konzepte für einen Masterplan und ein Projekthandbuch für Kommunen erarbeitet und Pilotprojekte zur Integration gestartet. Erste Ergebnisse wurden in die GPM Zukunftswerkstatt des Migrationskongresses der Bundesregierung eingebracht. Dort standen folgende Fragen im Mittelpunkt: Wie haben sich die Kommunen aufgestellt, um das Thema nachhaltig bewältigen zu können? Wie ist der Bedarf an Erfahrungsaustausch über Ressorts, Kommunen und staatliche Ebenen hinweg? Welche Strukturen und Kompetenzen werden gebraucht, um zukünftige Herausforderungen zu bewältigen?

Wie können politische Entscheider ihre erfolgskritische Rolle als Projekt-Sponsoren öffentlicher Projekte erfolgreich wahrnehmen? Welche Haltungen und Kompetenzen sind dazu erforderlich? Um die vor uns liegenden Herausforderungen zu meistern, braucht es ein gemeinsames Verständnis der Rolle von Führungskräften in Projekten, von Projektmanagement als Führungs- und Gestaltungsinstrument, eine Organisationskultur der Transparenz, der Fehlertoleranz und des gemeinsamen Erfolgs. Und es braucht einen Dialog zwischen Entscheidern und Projektmanagern.

In den letzten Jahren hat die GPM in der öffentlichen Verwaltung und im Bildungsbereich ein starkes und nachhaltiges Netzwerk aufbauen können. Sichtbare Erfolge sind hochrangig besetzte Kongresse (GPM Governance Kongress: Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten) und Kooperationen mit der öffentlichen Verwaldung. Heute engagieren sich im Rahmen des Aktionsprogramms „Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten“ zahlreiche führende Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam mit der GPM. Mit den öffentlichen Partnern wurden gemeinsame Veranstaltungen durchgeführt, Kooperationsverträge geschlossen und gemeinsame Projekte, u.a. im Bereich der Qualifizierung, auf den Weg gebracht. Bedeutende Institutionen aus Staat und Wirtschaft wurden dadurch als neue Mitglieder, Unterstützer und Botschafter der GPM gewonnen.

Auf dem GPM Kongress „Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten“ 2017 wurden auch die besonderen Herausforderungen von Bau- und Infrastruktur-Projekten in einem Workshop diskutiert und der Bedarf an einer Vertiefung der fachlichen Diskussion über moderne Lösungsansätze für das Management und die Governance von Bau- und Infrastrukturprojekten auf der Grundlage von länder- und branchenübergreifenden Erfahrungen und Standards festgestellt. Die daraufhin gegründete Fachgruppe „Bau- und Infrastruktur“ will „als Fachgruppe des gemeinnützigen Vereins GPM einen Beitrag zur Professionalisierung des Managements und der Governance von Bau- und Infrastrukturprojekten – und damit zur Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland – leisten“.

Auf Initiative dieser Fachgruppe wurde in den letzten Monaten, unter Beteiligung anderer Fachgruppen und Institutionen, u.a. dem DIN e.V., eine Netzwerkveranstaltungsreihe zu den Herausforderungen der Klimakrise, dem Green Deal und dem Programm „ESG - Environmental Social Governance“ der EU-Kommission durchgeführt. Die EU möchte 2050 klimaneutral sein. Der europäische Green Deal umfasst einen Aktionsplan zur Förderung einer effizienteren Ressourcennutzung durch den Übergang zu einer sauberen und kreislauforientierten Wirtschaft zur Wiederherstellung der Biodiversität und zur Bekämpfung der Umweltverschmutzung. Zu seiner Umsetzung braucht es zahlreiche professionell geführte und zugleich nachhaltige Programme und Projekte.

Diesem Thema widmet sich auch die neue Fachgruppe „Projektmanagement goes Sustainable“ durch den Aufbau einer kompetenten, gut vernetzten Gruppe, welche das Know-how zum Thema Nachhaltigkeit im Projektmanagement bündelt und weiterentwickelt: „Der Mensch nimmt einen immer größeren Einfluss auf unsere Umwelt. Die Zunahme der Bevölkerung, sowie die Zunahme von Wohlstand und Erwartungen an ein gutes komfortables Leben in allen Teilen der Erde müssen im Einklang mit unserem Planeten erfolgen. Derzeit zeigen alle Ressourcenbedarfe exponentiell nach oben. Aktuell verbraucht die Menschheit 1,7 Planeten. Projekte dienen der Umsetzung von Strategien und nehmen somit direkt auf die Umsetzung der Nachhaltigkeit in den Organisationen Einfluss. Dieser Verantwortung wollen wir uns als Projektmanagement Community widmen.“

Die Digitale Transformation eröffnet neue Lösungsansätze für die gesellschaftlichen Herausforderungen. Sie wirkt aber auch als Brandbeschleuniger für Krisen und Manipulation. Zunehmende Informationsflut und getrennte Echokammern digitaler Netzwerke schwächen die Orientierung und Urteilskraft der Bürger in Bezug auf die gesellschaftlichen Herausforderungen – insbesondere die Pandemie und den Klimawandel. „Deshalb besteht eine wesentliche Herausforderung darin, die digitale Transformation in der Gesellschaft werteorientiert zu gestalten und die Chancen des technologischen Fortschritts für die Menschen zu nutzen.“ Die Fachgruppe „Digitale Transformation“ möchte daher eine gemeinsame Vision für die Herausforderungen, den Beitrag und die Weiterentwicklung des Projektmanagements schaffen und sich dazu mit Fragen auseinandersetzen wie: Brauchen wir ein angepasstes oder erweitertes Projektmanagement für digitale Transformationsprojekte und -Programme? Welche Gestaltungskompetenz benötigen wir, damit bei der digitalen Transformation auch weiterhin der Mensch letztendlich entscheidet und nicht Maschinen oder Algorithmen?

Die Bewältigung der Pandemiekrise, der Klimakrise sowie der digitalen Transformation brauchen standardisierte Governanceprinzipien und Führungsinstrumente für eine sektoren-, ebenen- und organisationsübergreifende Zusammenarbeit in Projekten und Programmen. Als nächstes steht die Neugründung der Fachgruppe „Normen und Standards“ bevor. An einer Mitarbeit im Bereich der Projektmanagement-Normen und -Standards interessierte GPM Mitglieder können sich gerne an mich wenden (n.heydenreich@gpm-ipma.de).

Die Fachgruppen der GPM entwickeln ehrenamtlich ganzheitliche und gemeinwohlorientierte Zukunfts­konzepte zur Bewältigung der aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen mit Projekten: für nachhaltige Entwicklung, für eine digitale Transformation, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, für neues projektorientiertes Lernen an Schulen und Hochschulen und für die Weiterentwicklung des Projektmanagements (z.B. Agilität, neue Führungs- und Governance-Konzepte, Integration mit dem systemischen Ansatz und Elementen des Changemanagements sowie neue Perspektiven für die Projektmanagement-Community).

Norman Heydenreich bringt Erfahrung aus 30-jähriger Managementpraxis in die von ihm gegründete Management Akademie Weimar ein. Ehrenamtlich engagiert er sich als Obmann des DIN-Ausschuss Projektmanagement und Projektleiter der ISO Study Group Agile. 2013-2017 vertrat er als Hauptstadtrepräsentant die gesellschaftlichen Interessen der GPM und initiierte das Aktionsprogramm „Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten“, in dessen Beirat er sich weiter engagiert. 2020-2021 übernahm er ehrenamtlich die Funktion „Bevollmächtigter Normen und Standards“.


Norman Heydenreich bringt Erfahrung aus 30-jähriger Managementpraxis in die von ihm gegründete Management Akademie Weimar ein. Ehrenamtlich engagiert er sich als Obmann des DIN-Ausschuss Projektmanagement und Projektleiter der ISO Study Group Agile. 2013-2017 vertrat er als Hauptstadtrepräsentant die gesellschaftlichen Interessen der GPM und initiierte das Aktionsprogramm „Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten“, in dessen Beirat er sich weiter engagiert. 2020-2021 übernahm er ehrenamtlich die Funktion „Bevollmächtigter Normen und Standards“.


Kommentare

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25.01.2024 – 19:13

Julia Schlenker

Vielen Dank für die Denkanstöße!

Die Pandemie zeigt uns leider nach wie vor, dass weder das operative noch strategische Handeln von Bund, Ländern und Kommunen im Einklang mit den Interessen der Stakeholder, vor allem der Bevölkerung, stehen. Stetiger Vertrauensverlust und Politikverdruss sind die Folge dessen.

Den Ansatz mit Programm- und Projektmanagement, das gemeinwohl-orientiert und nachhaltig agiert, das sowohl die digitale Transformation im Blick hat als auch auf akute Herausforderungen und Belange der Behörden Rücksicht nehmen kann - das braucht es heute mehr denn je.

Sichtbar scheint mir die GPM auf diesem Gebiet in der öffentlichen Wahrnehmug gar nicht. Umso wichtiger ist es mir, dass nicht nur einzelne Akteure den Kontakt zur Politik und Entscheider*innen aufrecht erhalten, sondern unser Verein dies wieder als wichtige Aufgabe und unser aller Verantwortung wahrnimmt!

25.01.2024 – 19:13

Norman Heydenreich

Danke für den Kommentar, der den entscheidenden Punkt trifft: Bei allem Engagement Einzelner ist es entscheidend, dass unser Verein dies wieder als wichtige Aufgabe wahrnimmt!

Mit dem Ausscheiden des Präsidenten der GPM Ende 2020 (bis heute ohne Nachbesetzung) hat dessen Aufgabenschwerpunkt „gesellschaftliche Interessenvertretung“ keine Priorität. Daher hatten über 20% der Delegierten als Antragsteller für die außerordentlichen Delegiertenversammlung am 13./14. August 2021 beantragt, dass die seit dem 1.1.2021 vakante Position des Präsidenten durch eine geeignete Persönlichkeit dauerhaft durch Wahl auf der Delegiertenversammlung wieder besetzt wird.

Bereits auf ihrem 1. gesellschaftspolitischen Kongress „Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten“ im Januar 2015 initiierte die GPM eine gesellschaftspolitische Debatte: Welchen Beitrag kann Projektmanagement für die Zukunft des Standorts Deutschland leisten? Was ist zu tun, dass dieses Land zu einem Land der erfolgreichen Projekte wird? Als Ergebnis dieses Dialogs hat die GPM auf ihrem 2. gesellschaftspolitischen Kongress 2017 das Aktionsprogramm „Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten“ vorgelegt (Aktionsprogramm „Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten“: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. (gpm-ipma.de) ). Heute engagieren sich im Rahmen des Aktionsprogramms zahlreiche führende Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam mit der GPM. Als ehemaliger Hauptstadtrepräsentant der GPM und Initiator sowie Beiratsmitglied des Aktionsprogramms engagiere ich mich weiter ehrenamtlich in diesem Bereich. Deshalb habe ich als Delegierter den folgenden Antrag auf die Tagesordnung der a. o. Delegiertenversammlung gesetzt: "Präsentation und Diskussion des strategischen Handlungsfeldes: Aktionsprogramm „Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten“ und dessen Status nach dem Ausscheiden der Hauptstadtrepräsentantin sowie Beschlussfassungen zur Absicherung der erarbeiteten Erfolge und Reputation der GPM."

Für den ersten Antrag gab es keine Mehrheit, der zweite wurde aufgrund anderer Prioritäten nicht behandelt. - Die Wahl gemeinwohlorientierter Kandidaten (GoGPM) bei den laufenden Neuwahlen der Delegiertenversammlung ist eine Weichenstellung für die Zukunft der GPM!