– 09.10.2024

Projekt-Fails mit Aha-Effekt: Der Flughafen Berlin Brandenburg

Großprojekte sind eine Herausforderung für jedes Projektmanagement-Team. Sie erfordern präzise Planung, klare Kommunikation und eine exakte Umsetzung, um den Erfolg sicherzustellen. Doch nicht alle Projekte verlaufen nach Plan. Der Flughafen Berlin Brandenburg (BER) ist ein berühmtes Beispiel dafür, wie ambitionierte Projekte spektakulär scheitern können. Ursprünglich als modernster Flughafen Europas konzipiert, verzögerte sich die Eröffnung aufgrund von Planungsfehlern, technischen Problemen und Missmanagement um fast ein Jahrzehnt. Dieser Artikel beleuchtet die Gründe für das Scheitern des BER und die Lehren, die aus diesem Debakel gezogen werden können.

Hintergrund des BER-Projekts

Der Bau des Flughafens Berlin Brandenburg war eine der ambitioniertesten Infrastrukturinitiativen Deutschlands in den frühen 2000er Jahren. Mit dem Ziel, den wachsenden internationalen Reiseverkehr Berlins zu bewältigen und Tegel zu ersetzen, sollte der Flughafen ein Symbol für Deutschlands technische Stärke und Effizienz werden. Die Planungen begannen bereits in den 1990er Jahren, und 2006 wurde der Grundstein gelegt. Die Eröffnung war ursprünglich für 2011 geplant, aber diese Zielvorgabe erwies sich bald als unerreichbar.

Das Projekt wurde schnell mit unerwarteten Herausforderungen konfrontiert, darunter bauliche Mängel, nicht funktionierende technische Systeme und eine mangelhafte Koordination zwischen den beteiligten Parteien. Was als Vorzeigeprojekt begann, wurde bald zu einer Blamage auf nationaler und internationaler Ebene.

Die Herausforderungen und Probleme beim BER

Jedes große Projekt bringt Herausforderungen mit sich, aber beim BER wurde deutlich, dass eine unzureichende Planung und ein Missmanagement fatale Folgen haben können. Die folgenden Problemfelder veranschaulichen die wichtigsten Schwächen dieses Projekts:

Planungsfehler

Eines der grundlegendsten Probleme beim BER war die unzureichende Planung. Bereits in den frühen Phasen der Projektentwicklung zeigten sich Anzeichen dafür, dass die Komplexität des Vorhabens unterschätzt wurde. Die Verantwortlichen waren mit widersprüchlichen Anforderungen konfrontiert, und es fehlte an klaren Richtlinien, wie diese Anforderungen in die Praxis umgesetzt werden sollten. Baupläne und technische Vorgaben wurden mehrfach geändert, ohne dass die Konsequenzen vollständig bedacht wurden.

Die Abstimmung zwischen den verschiedenen beteiligten Parteien – von den Architekten über die Bauunternehmen bis hin zu den Behörden – war mangelhaft. Diese Schwächen in der Planungsphase führten dazu, dass die nachfolgenden Bauarbeiten auf einem instabilen Fundament ruhten.

Technische Probleme und Baumängel

Technische Probleme zogen sich durch das gesamte Projekt. Insbesondere das Rauchabzugssystem im Terminal, das für den Brandschutz essentiell war, funktionierte nicht ordnungsgemäß. Diese Mängel führten zu mehrfachen Tests, Korrekturen und Nachbesserungen, die die Eröffnung erheblich verzögerten. Zusätzlich traten zahlreiche Baumängel auf, die wiederholt behoben werden mussten, was die Kosten explodieren ließ und den Baufortschritt weiter verlangsamte.

Fehlende klare Verantwortlichkeiten

Die Zersplitterung der Zuständigkeiten erwies sich als ein weiteres großes Hindernis für den Projekterfolg. Die Verantwortung für den Bau des Flughafens war auf verschiedene Institutionen und Stakeholder verteilt, ohne dass eine zentrale Kontrollinstanz vorhanden war. Dieses diffuse Verantwortungsmodell führte zu einer fehlenden Übersicht und Koordination.

Die Entscheidungskompetenzen waren nicht klar geregelt, was zu Verzögerungen in der Entscheidungsfindung führte. Anstatt schnell auf neue Probleme zu reagieren, wurden Entscheidungen oft in langwierigen Abstimmungsprozessen verzögert oder unzureichend getroffen. Die Führungswechsel im Laufe des Projekts verschärften dieses Problem noch weiter.

Schlechte Kommunikation zwischen Stakeholdern

Ein weiteres wesentliches Problem war die mangelhafte Kommunikation zwischen den verschiedenen Projektbeteiligten. Ohne klare Kommunikationswege blieben wichtige Informationen oft auf der Strecke, was zu Missverständnissen und Verzögerungen führte. Die Stakeholder – von den politischen Entscheidungsträgern über die Bauleiter bis hin zu den Ingenieuren – hatten keine kohärente Kommunikationsstrategie.

Dieses Fehlen eines zentralen Kommunikationsplans trug erheblich dazu bei, dass Fehler nicht rechtzeitig identifiziert und behoben wurden. Das Ergebnis war ein Dominoeffekt, bei dem kleine Probleme sich zu größeren Krisen auswuchsen, die das gesamte Projekt bedrohten.

Unrealistische Zeitpläne und häufige Terminverschiebungen

Von Anfang an stand das Projekt unter erheblichem politischen Druck. Die Verantwortlichen sahen sich gezwungen, ambitionierte Zeitpläne und Eröffnungstermine zu nennen, die sich als völlig unrealistisch herausstellten. Trotz der Warnsignale, dass die Arbeiten nicht rechtzeitig abgeschlossen werden könnten, wurden die Termine immer wieder nach außen kommuniziert, was die Glaubwürdigkeit des Projekts zunehmend untergrub.

Die Folge war eine Serie von Terminverschiebungen, die sowohl das Vertrauen der Öffentlichkeit als auch das der Investoren und Stakeholder erschütterte. Insgesamt wurde die Eröffnung mehr als 30 Mal verschoben, was dem Projekt einen fast legendären Status als Beispiel für gescheiterte Großprojekte einbrachte.

Der lange Weg zur Fertigstellung

Nach jahrelangen Verzögerungen und unzähligen Planungs- und Baufehlern wurde der Flughafen Berlin Brandenburg schließlich im Oktober 2020 eröffnet – fast ein Jahrzehnt später als ursprünglich geplant. Die Eröffnung erfolgte unter stark reduzierten Erwartungen. Viele der ursprünglich geplanten Funktionen und Ambitionen des Flughafens mussten im Laufe der Jahre zurückgeschraubt werden, um das Projekt endlich abschließen zu können.

Während die Eröffnung als symbolischer Erfolg gefeiert wurde, bleibt die Frage, ob der Flughafen jemals das leisten kann, was ursprünglich versprochen wurde. Trotz seiner Eröffnung bleiben zahlreiche Probleme ungelöst, und die Betriebskosten des Flughafens belasten weiterhin das öffentliche Budget.

AHA-Effekte: Was können wir von BER lernen?

Das BER-Projekt zeigt, dass selbst hochambitionierte Projekte spektakulär scheitern können, wenn grundlegende Projektmanagementprinzipien nicht beachtet werden. Die folgenden Erkenntnisse lassen sich aus dem Debakel ziehen:

Realistische Zeitpläne

Eine der wichtigsten Lehren aus dem BER-Projekt ist die Notwendigkeit realistischer Zeitpläne. Politischer Druck darf nicht dazu führen, dass unrealistische Ziele gesetzt werden, die nicht mit der tatsächlichen Projektlage übereinstimmen. Zeitpläne müssen auf soliden Daten und realistischen Einschätzungen basieren, um Projekte im Zeitrahmen zu halten. Unrealistische Deadlines erhöhen das Risiko von Fehlern und Frustrationen auf allen Ebenen.

Klare Verantwortlichkeiten und Kommunikation

Großprojekte erfordern eine klare Führungsstruktur. Verantwortlichkeiten müssen eindeutig verteilt und festgelegt werden, um sicherzustellen, dass Entscheidungen schnell und effektiv getroffen werden können. Ebenso entscheidend ist eine transparente und effiziente Kommunikation zwischen allen Beteiligten. Ein zentraler Kommunikationsplan hätte viele der Verzögerungen und Missverständnisse verhindern können, indem er klare Wege für den Informationsaustausch geschaffen hätte.

Qualitätssicherung als Schlüsselfaktor

Regelmäßige Qualitätssicherungsprozesse müssen von Anfang an in jedes Projekt eingebaut werden. Am BER zeigte sich, dass die Vernachlässigung der Qualitätssicherung zu schwerwiegenden Mängeln führen kann, die später nur unter enormem Aufwand und zusätzlichen Kosten behoben werden können. Eine kontinuierliche Kontrolle der Bau- und Installationsarbeiten hätte viele der technischen Probleme frühzeitig aufdecken und beheben können.

Der Einfluss von Druck auf Großprojekte

Ein weiteres Learning aus dem BER-Debakel ist, wie stark externer Druck die Durchführung von Projekten beeinflussen kann. Politischer Druck und öffentliche Erwartungen führten beim BER zu überhasteten Entscheidungen, die langfristig mehr Schaden als Nutzen verursachten. Projektleitende müssen in der Lage sein, solchen äußeren Einflüssen zu widerstehen und den Fokus auf Qualität und sorgfältige Planung zu legen, anstatt kurzfristigen Zielen nachzugeben.

Fazit

Das BER-Debakel ist ein Paradebeispiel dafür, wie ambitionierte Projekte ohne klare Planung und Struktur ins Chaos abgleiten können. Klare Zuständigkeiten, realistische Zeitpläne und eine konsequente Qualitätssicherung sind die Schlüssel zum Erfolg eines jeden Großprojekts. Die Fehler, die beim Bau des Flughafens Berlin Brandenburg gemacht wurden, bieten wertvolle Lektionen für zukünftige Projekte – und zeigen, dass selbst die besten Absichten durch mangelnde Umsetzung zunichtegemacht werden können. Wer Großprojekte leitet, sollte die Lehren aus dem BER-Debakel beherzigen, um ähnliche Fehler zu vermeiden.

 

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Katja Bäumel ist als PR-Managerin mit den Schwerpunkten „Online- und Bewegtbildredaktion“ bei der GPM tätig. Zuvor war sie, neben diversen Auslandsaufenthalten, als Projektleiterin für die Online-Redaktion von unternehmer.de sowie für Projekte bei der Volkswagen AG, der Deutschen Bank AG und Russell Hobbs verantwortlich.


Katja Bäumel ist als PR-Managerin mit den Schwerpunkten „Online- und Bewegtbildredaktion“ bei der GPM tätig. Zuvor war sie, neben diversen Auslandsaufenthalten, als Projektleiterin für die Online-Redaktion von unternehmer.de sowie für Projekte bei der Volkswagen AG, der Deutschen Bank AG und Russell Hobbs verantwortlich.


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