GPM Fachgruppe für bürgerschaftliches Engagement
– 11.07.2025Projekt InklusionsGuides: Wie Inklusion in der Arbeitswelt gelingt
Inklusion gelingt nicht durch wohlklingende Absichtserklärungen, sondern durch konkrete Veränderungsprozesse. Genau hier setzt das Projekt InklusionsGuides an. Seit 2022 unterstützt es Unternehmen und Institutionen dabei, ihre Arbeitswelt inklusiver zu gestalten. Im Mittelpunkt stehen Frauen mit Behinderung, die ihre Expertise einbringen, Unternehmen begleiten und Veränderungen mitgestalten. Die Erfahrungen zeigen, dass sowohl Unternehmen als auch die Guides vom Konzept profitieren.
Was sind die InklusionsGuides?
Das vom Hildegardis-Verein initiierte Projekt InklusionsGuides bringt Studentinnen, Absolventinnen und Fachkräfte mit Behinderung in eine neue Rolle: Sie beraten Unternehmen ein Jahr lang zu Fragen inklusiver Unternehmenskultur. Die Guides sind keine externen Beraterinnen im klassischen Sinn, sondern Expertinnen in eigener Sache. Ihre Lebensrealität macht sie besonders sensibel für Barrieren und Lösungen, die im betrieblichen Alltag oft übersehen werden. Ihre Perspektive erweitert das Verständnis für Bewerbungsprozesse, interne Kommunikation und für die Frage, wie Arbeitsplätze barrierefrei und inklusiv gestaltet werden können.
Wie funktioniert das Projekt?
Die teilnehmenden Guides besuchen regelmäßig ein zugewiesenes Unternehmen oder eine Institution. Dort analysieren sie gemeinsam mit Verantwortlichen aus Bereichen wie Recruiting, Employer Branding, Öffentlichkeitsarbeit oder Führungsebene den Ist-Zustand und entwickeln konkrete Verbesserungsmaßnahmen. Im Zentrum stehen Fragen wie: Welche Barrieren bestehen in Stellenausschreibungen? Wie inklusiv ist die Sprache auf der Karriereseite? Welche Modelle flexibler Arbeitszeit passen zu Bewerberinnen mit chronischer Erkrankung?
Inklusion beginnt dabei oft mit einer einfachen, aber zentralen Frage: Was brauchst du, um ohne Einschränkungen im Team mitarbeiten zu können? Auf diese Weise entsteht ein gemeinsames Verständnis, das Vertrauen schafft und die Zusammenarbeit stärkt.
Begleitet wird der Prozess von Trainings, Austauschformaten, Supervision und Empowerment-Angeboten durch den Hildegardis-Verein. Regelmäßige Resonanzgruppen und Guidetreffen sorgen für Reflexion, kollegiale Beratung und Weiterentwicklung. Die Teilnahme am Programm wird durch ein offizielles Zertifikat bestätigt und durch eine Aufwandsentschädigung honoriert.
Warum lohnt sich die Teilnahme für Unternehmen?
Der Nutzen für Unternehmen und Institutionen ist vielfältig. Sie verbessern nicht nur ihre Position im Wettbewerb um Fachkräfte, sondern erhöhen ihre Attraktivität als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber für eine bisher unterrepräsentierte Zielgruppe. Die Zusammenarbeit mit den Guides unterstützt sie zudem bei der Erfüllung gesetzlicher Vorgaben, etwa nach § 154 SGB IX, und kann in die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD einfließen, insbesondere in den Bereichen Gleichberechtigung und Chancengleichheit.
Hinzu kommt ein oft unterschätzter Effekt: Die Begegnung mit Menschen mit Behinderung im Beratungsprozess verändert den Blick auf den Arbeitsalltag. Wer gemeinsam an konkreten Themen arbeitet, verändert nicht nur Prozesse, sondern auch Haltung. Genau hier setzt der kulturelle Wandel an, den das Projekt in vielen Organisationen angestoßen hat.
Welche Wirkung hat das Projekt auf die Guides?
Auch die Guides profitieren in mehrfacher Hinsicht. Sie erhalten Einblick in die Strukturen von Unternehmen, lernen Bewerbungsprozesse aus der Innensicht kennen und vernetzen sich mit anderen Frauen mit Behinderung. Das Projekt stärkt ihr Selbstbewusstsein und ihre Kompetenzen in Beratung, Kommunikation und Prozessbegleitung. Viele Guides berichten davon, erstmals als Expertinnen ernst genommen worden zu sein und eine neue Perspektive auf ihre beruflichen Möglichkeiten gewonnen zu haben. Das Projekt ist damit auch ein Beitrag zu Empowerment, Gleichstellung und Karriereentwicklung.
Was macht das Projekt besonders?
Das Besondere an InklusionsGuides ist die Kombination aus individueller Beratung, praktischer Umsetzung und systematischer Begleitung. Inklusion wird nicht als Zusatzaufgabe verstanden, sondern als Querschnittsthema, das Recruiting, Kommunikation, Führung und Organisationskultur gleichermaßen betrifft. Das Projekt schafft Raum für Veränderung und zeigt zugleich, wie diese nachhaltig in der Praxis verankert werden kann.
Sieben Erfolgsfaktoren haben sich in der Umsetzung als besonders wirksam erwiesen:
- Die Beratung durch Frauen mit Behinderung als Expertinnen ihrer Lebensrealität
- Die Offenheit für Begegnung und Austausch auf Augenhöhe
- Die Sensibilisierung durch konkrete Zusammenarbeit
- Der Fokus auf realistische und greifbare Einstiegsthemen
- Die individuelle Anpassung an den jeweiligen Reifegrad einer Organisation
- Der offene Umgang mit Herausforderungen und Kritik
- Die Einbindung verschiedener Abteilungen für nachhaltige Veränderung
Das Projekt wurde 2025 für den renommierten Impact of Diversity Award nominiert und gehört in der Kategorie „Inclusive Workplace“ zu den drei Finalisten. Diese Anerkennung unterstreicht die Innovationskraft und gesellschaftliche Relevanz des Konzepts.
Weitere Informationen, Bewerbungsformulare und das Handbuch finden sich unter
www.hildegardis-verein.de/inklusionsguides.html
Dieser Beitrag basiert auf dem Vortrag „Inklusion als Erfolgsfaktor: Erfahrungen und Erkenntnisse der InklusionsGuides für eine inklusive Arbeitswelt“, gehalten am 01. Juli 2025 im Rahmen der Online-Veranstaltungsreihe zu den 17 Sustainable Development Goals (SDGs) der GPM Fachgruppe Projektmanagement für bürgerschaftliches Engagement. Diese Veranstaltung widmete sich dem SDG 10: Weniger Ungleichheiten.
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