– 07.03.2019

Richtig Kontra geben!

Schlagfertigkeit – so kontern Sie jeden blöden Spruch

Projektleiter machen sich oft unbeliebt, das liegt in der Natur der Sache. Da bleiben verbale Angriffe bis hin zu persönlichen Beschimpfungen nicht aus. Die Versuchung ist groß, nun selbst mit einem bösen Spruch zu kontern – wodurch sich das Gesprächsklima schnell weiter vergiften kann. Trotzdem ist es wichtig, verbale Attacken und pauschale Angriffe schlagfertig zu parieren.

Katharina B. präsentiert vor dem Lenkungsausschuss eine Problemlösung, in die sie zusammen mit ihrem Projektteam viel Zeit und Energie gesteckt hat. Kaum hat sie die Idee vorgestellt, meint einer aus der Runde: „Das ist doch blanke Theorie. Was Sie da vortragen, hat doch weder Hand noch Fuß.“ Rums – voll auf die Zwölf! Katharina B. ist perplex. Es verschlägt ihr die Sprache, spontan fällt ihr keine passende Antwort ein. Damit jedoch gerät sie in eine schlechte Gesprächs- und Verhandlungssituation.

Totschlagargumente wie in diesem Beispiel knocken einen meist so unvermittelt aus wie ein Schwergewichtsboxer. Man kann den Angriff nur selten antizipieren, seine Wucht trifft unvorbereitet. Wenn ein Gesprächspartner oder Meeting-Teilnehmer uns eine solche Aussage an den Kopf wirft, reagieren wir wie Katharina B: perplex und sprachlos. Die große Gefahr:  Wenn uns in einer solchen Situation die Worte fehlen, geraten wir ins Hintertreffen – und der Aggressor geht allzu oft als Sieger aus der Diskussion hervor.
Totschlagargumente überrumpeln. Sie bieten weder Fakten noch Zusammenhänge, können aber sehr effektiv sein. Ein Projektleiter sollte in der Lage sein, derartige verbale Angriffe schlagfertig zu parieren.

Typische Muster: Rückzug oder Attacke
Werden wir wie Katharina B. mit einem Totschlagargument konfrontiert, neigen wir instinktiv dazu, in die Defensive zu gehen. Konsterniert, vielleicht auch verängstigt ziehen wir uns zurück. Damit jedoch überlassen wir dem Anderen das Feld. Er hat gewonnen, ohne ein einziges sinnvolles Argument angeführt zu haben.

Eine andere typische Reaktion ist der Gegenangriff: Wir wollen den Gegner mit gleichen Waffen schlagen. In diesem Fall jedoch droht der Konflikt zu eskalieren. Einmal angenommen Katharina B. hätte erwidert: „Sie müssen gerade reden. Was wissen Sie denn schon? Sie reden doch viel, wenn der Tag lang ist…“ – zu einer sachlichen Diskussion wäre es dann kaum mehr gekommen.

Rückzug oder Gegenattacke – das sind bei pauschalen Angriffen die typischen Reaktionsmuster, die beide hohe Risiken bergen.

Den Blick hinter die Kulissen wagen
Im Falle einer verbalen Attacke sollten wir bewusst und entschieden reagieren – aber doch ruhig und sachlich. Dabei lassen sich zwei Situationen unterscheiden.

•    Im ersten Fall setzt der Gesprächspartner das Totschlagargument gezielt als taktische Waffe ein. Er möchte uns damit aus dem Konzept bringen, um so selbst einen Vorteil zu erzielen.
•    Im anderen Fall agiert  der Gesprächspartner eher unbewusst, oft reflexartig. Meist liegt es daran, dass er selbst im Stress ist. Die ablehnende Haltung ist damit seiner eigenen Situation geschuldet und hat weniger mit dem zu tun, was wir vortragen.
Angriff und Verteidigung: Parade/Riposte

Ein Totschlagargument wirkt oft wie der Schlag eines Boxers, doch reagieren sollten wir darauf mit der scharfen Klinge eines elegant tänzelnden Fechters. Was es jetzt  braucht, ist eine „Riposte“, ein unmittelbarer Gegenangriff aus dem Parieren heraus.

Leicht gesagt! Tatsächlich erleben wir es oft genug, dass wir wie im Beispiel von Katharina B. erst einmal sprachlos sind  – und uns die passende Replik erst lange nach dem Meeting einfällt. Trotzdem: Es gibt einige Riposte-Möglichkeiten, die man sich leicht einprägen kann und in vielen Situationen eine schlagfertige Reaktion ermöglichen.

Eine bewährte Möglichkeit liegt darin, den Kontrahenten der Lächerlichkeit preiszugeben. So hätte Katharina B. auf den Vorwurf, der Vorschlag sei nicht praxistauglich, erwidern können: „Stimmt, ich habe wenig Praxiserfahrung. Schließlich mache ich meinen Job erst seit zehn Jahren.“ So hätte sie ihr Gegenüber in die Schranken gewiesen, allerdings auch eine offene Konfrontation riskiert. Eine ironische Aussage kann in einer emotional aufgeladenen Situation leicht eine Eskalation auslösen.

Eine andere, weniger riskante Möglichkeit besteht darin, sachlich zu bleiben und den Ball zurückspielen. Im Beispiel von Katharina B. hätte der Dialog wie folgt ablaufen können: „Herr Schmidt, ich sehe das aufgrund meiner Erfahrung anders. Was daran ist Ihrer Ansicht nach nicht praxistauglich?“ Mit ihrer Frage bringt die Projektleiterin ihren Gegenspieler in die Defensive, denn er muss jetzt erst einmal Farbe bekennen. Zugleich verschafft sie sich etwas Zeit, um das weitere Vorgehen zu überlegen. Herr Schmidt konkretisiert nun seine Bedenken, und Katharina B. legt nach: „Okay, das habe ich verstanden. Ihre Bedenken sind also … Was müsste denn passieren, damit meine Lösung trotzdem funktionieren kann?“ Spätestens jetzt hat sie ihren Gegner da, wo sie ihn hinhaben will – nämlich wirklich über ihren Vorschlag nachzudenken. Um sich gegenüber den anderen Teilnehmern nicht zu blamieren, bleibt Herrn Schmidt nur noch übrig, sich ernsthaft an der Diskussion zu beteiligen.

Zuweilen kann es auch ausreichen, einen verbalen Angriff einfach zu ignorieren. Wenn Katharina B. weiß, dass Herr Schmidt im Lenkungsausschuss keinen großen Einfluss hat, kann sie einfach cool bleiben und weiterreden, als sei nichts passiert. Sie lässt sich nichts anmerken, würdigt den Zwischenrufer keines Blickes. Die Taktik des kühlen Ignorierens empfiehlt sich allerdings nur, wenn wir unsere Emotionen wirklich im Griff haben. Andernfalls wird der Ton unwillkürlich schärfer, ohne dass den Teilnehmern klar ist, warum wir plötzlich so gereizt reagieren.

Gelegentlich kann auch Angriff die beste Verteidigung sein  – etwa dann, wenn ein Teilnehmer den eigenen Vortrag immer wieder unterbricht. Im Falle von Katharina B. hätte die Replik lauten können: „Herr Schmidt, ich habe den Eindruck, Sie haben meine Ausführungen noch nicht ganz verstanden. Wenn die Kollegen damit einverstanden sind, dann wiederhole ich meinen Vorschlag gerne nochmal für Sie.“ Sicher – mit dieser Ansage begibt sich die Projektleiterin auf Konfrontationskurs. Aber das lässt sich nicht immer verhindern.

Manchmal ziehen sich Diskussionen endlos hin, weil der Gegenspieler offensichtlich nicht bereit ist, Farbe zu bekennen und klar zu sagen, warum er einen Vorschlag ablehnt. In einem solchen Fall bietet es sich an, das Kind beim Namen zu nennen: „Warum lehnen Sie eigentlich meinen Vorschlag ab – aus fachlichen oder persönlichen Gründen?“

Verletzungen und Narben vermeiden
Wenn der Angriff nicht gezielt erfolgt, sondern der Andere sich eher unbewusst und ohne bösen Willen so aggressiv verhält, dürfte ein Vier-Augen-Gespräch im Anschluss an die Sitzung die richtige Reaktion sein. In diesem Fall würde Katharina B. im persönlichen Gespräch deutlich machen, dass sie die Bemerkungen abwertend empfunden hat: „Herr Schmidt, mit dem, was Sie da gesagt haben, unterstellen Sie mir, dass ich keine Ahnung habe.“ Wahrscheinlich würde ihr Gegenüber erschrocken reagieren und sich entschuldigen.

Survival-Tipps
•    Erstellen Sie eine Liste der Killerphrasen, die Ihre Kunden und Vorgesetzten am häufigsten verwenden, und überlegen Sie sich passende Antworten und Reaktionen.
•    Atmen Sie erst zwei, drei Mal tief durch, wenn ein Gesprächspartner Sie verbal angreift. Sonst manövrieren Sie sich schnell in eine nachteilige Gesprächssituation.
•    Stellen Sie fest, bevor Sie reagieren, ob Ihr Gesprächspartner Sie persönlich attackiert oder nicht. Was zutrifft, können Sie letztlich nur in der jeweiligen Situation erkennen.
•    Bleiben Sie sachlich und spielen Sie den Ball zurück. Hinterfragen Sie das Totschlagargument und zwingen Sie Ihr Gegenüber, Farbe zu bekennen.
•    Zwingen Sie Ihren Gesprächspartner dazu, seinen Einwand oder seine Einschätzung zu begründen und sich rational mit Ihrem Vorschlag zu befassen.
•    Gehen Sie nur zum Gegenangriff über, wenn Sie der Überzeugung sind: Ein klärendes Gewitter ist unumgänglich.

Mario Neumann fühlt sich als „Projekt-Abenteurer“, seit er seinen Job als Projektleiter vor über 20 Jahren bei Hewlett-Packard antrat. In dieser Zeit und seit 2008 als selbständiger Trainer und Berater entwickelte er sein Konzept für „Situatives Projektmanagement“, mit dem er Projektleiter für alle Phasen ihrer Projekte fit macht. Mit „Projekt-Safari“ legte Mario Neumann ein Handbuch vor, das innerhalb kürzester Zeit zum angesagten Must-have für Projektmanager wurde. In diesem Blog berichtet er über typische Aspekte seiner Arbeit.


Mario Neumann fühlt sich als „Projekt-Abenteurer“, seit er seinen Job als Projektleiter vor über 20 Jahren bei Hewlett-Packard antrat. In dieser Zeit und seit 2008 als selbständiger Trainer und Berater entwickelte er sein Konzept für „Situatives Projektmanagement“, mit dem er Projektleiter für alle Phasen ihrer Projekte fit macht. Mit „Projekt-Safari“ legte Mario Neumann ein Handbuch vor, das innerhalb kürzester Zeit zum angesagten Must-have für Projektmanager wurde. In diesem Blog berichtet er über typische Aspekte seiner Arbeit.


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