– 01.10.2020

Sechs Monate nach dem Lockdown – ein Gespräch mit GPM Präsident Prof. Dr. Klausing

Das Corona-Virus und die damit verbundenen Maßnahmen der Bundesregierung haben uns alle von einem auf den anderen Tag vor sehr große Herausforderung gestellt. Dies hat auch viele Entscheidungen und Maßnahmen der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. beeinflusst.  

Sechs Monate nach dem Lockdown – gemeinsam mit GPM Präsident Prof. Dr. Klausing blicken wir zurück auf die wichtigsten Ereignisse in dieser außergewöhnlichen Zeit und auf Meilensteine seiner bisherigen Amtszeit als GPM Präsident.

Lesen Sie hier das gesamte Interview:

Saoudi: Prof. Klausing, seit Beginn Ihrer Amtszeit haben Sie viele Themen vorangetrieben, besonders wichtig waren Ihnen dabei beispielsweise die digitale Transformation, starke Kooperationen, die strategische Neuausrichtung des Vereins, aber auch der internationale Netzwerkausbau. Und dann kam Corona! Und man konnte sich dem Eindruck nicht entziehen, dass einige der Themen, die Sie als GPM Präsident befördert haben – in den vergangenen sechs Monaten – rasant weiter an Bedeutung gewonnen haben und auch in der GPM, der Vereinsarbeit und in den Geschäftsstellen in Nürnberg und Berlin Einzug gehalten haben. Es war fast so, als ob Sie es vorausgesehen hätten.

Klausing: Ich habe das natürlich nicht vorausgesehen, also das Corona-Virus mitsamt den Maßnahmen, die von der Bundesregierung ergriffen wurden, um die Pandemie in Deutschland in den Griff zu bekommen und deren Auswirkungen auf unsere Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft, Zusammenarbeit und auf jeden einzelnen von uns. Was allerdings vorhersehbar war, und das ist kein Hexenwerk, ist, dass die digitale Transformation unsere Wirtschaft und Gesellschaft immer weiter nachhaltig prägen, beeinflussen und verändern würde und dies spüren wir ja nicht erst seit Beginn der Pandemie. Durch die digitale Transformation entstehen neue Gewohnheiten und Bedürfnisse des täglichen Lebens. Sie beschleunigt neue Entwicklungen in der Zusammenarbeit und verändert damit auch unsere Arbeitswelt. Mit dem Corona-Virus und dem Ausbruch der Pandemie kam einfach ein weiterer Treiber hinzu, mit dem bis vor einem halben Jahr niemand gerechnet hätte. Die Corona-Krise zwang uns zuhause zu bleiben, während sie uns gleichzeitig unglaublich bewegt und vorantreibt. Verschiedenste Bereiche unserer Gesellschaft und Wirtschaft erfahren Umstrukturierungen und Neuausrichtungen. Schulen werden digital, Meetings werden virtuell, und das Zusammenleben funktioniert in vielen Bereichen nun auch über Distanz. Sehen Sie sich um, wir sitzen alle im selben Boot und das weltweit.

Saoudi: Ich erinnere mich, dass Sie in einer Ihrer zahlreichen Reden und bei Vorträgen immer wieder gesagt haben: „Wenn draußen der Sturm tobt, benötigen Menschen und Unternehmen innere Stabilität, die es erlaubt, mit dieser Unsicherheit und Komplexität souverän umzugehen. Diese innere Stabilität erlangen wir ausschließlich durch die Weiterentwicklung unserer Persönlichkeit und unserer individuellen Kompetenzen.“ Welche Rolle spielte das Ihrer Meinung nach für die GPM in den vergangenen sechs Monaten?

Klausing: Ich denke, so oder so ähnlich habe ich das wohl schon mehrmals erwähnt. Ich rede in diesem Zusammenhang übrigens immer von einer organisationalen Transformation, die es früher oder später zu vollziehen gilt, und die, meiner Überzeugung nach, innerer Stabilität bedarf und des Weiteren nur über gutes Projektmanagement realisierbar sein wird. Das wiederum verstärkt den Trend - ich behaupte sogar den Megatrend – der Projektifizierung, also die Ausdehnung von professionellem Projektmanagement als starken Wegbegleiter des Wandels, der Entwicklung vorantreibt. Und damit sind wir bei unserer Kernkompetenz als Verein. Wir, die GPM, können viel dazu beitragen, dass dieser Prozess in Deutschland gelingt, was wiederum ausschlaggebend dafür ist, dass der Standort Deutschland die digitale Wende maßgebend mitgestalten kann.

Saoudi: An dieser Stelle sollte die Initiierung des Aktionsprogramms „Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten“ als Meilenstein und Ergebnis des jahrelangen Dialogs mit der öffentlichen Hand nicht unerwähnt bleiben. Und wir werden im Laufe des Gespräches sicher noch einmal darauf zurückkommen.

Worauf ich allerdings erst noch einmal hinaus will, ist - wir sind doch seit einem halben Jahr mittendrin. Da draußen tobt der Sturm und auch wenn er seit einigen Wochen ruhiger geworden ist, müssen wir aktuell noch damit rechnen, dass es eventuell eine zweite Welle geben wird. Und wenn Sie vom organisationalen Wandel bzw. Transformation sprechen, dann hat sich doch in der GPM seit März genau das ereignet. In vielen Bereichen haben wir diesen Wandel, von dem Sie seit Jahren sprechen, vollzogen. Und es gibt viele Stimmen, nicht nur vereinsintern, die von einer bemerkenswerten Leistung sprechen. Dazu zählt auch, dass Sie und GPM Vizepräsident Daniel Stumpf, sogar noch vor dem eigentlichen Lockdown, vorausahnend und umsichtig reagiert haben. Sobald Sie merkten, da könnte sich etwas wirklich Großes zusammenbrauen, haben Sie beide nicht gezögert und sofort gehandelt. Das hat viele beeindruckt.

Klausing: Für Herrn Stumpf und mich sind die Prioritäten klar gesetzt. Die Gesundheit von Mitarbeitenden, Mitgliedern, Angehörigen und Partnern zu schützen hat oberste Priorität. Deshalb haben wir bereits im März sämtliche Dienstreisen bis auf weiteres untersagt und Präsenzveranstaltungen abgesagt. Dies ist ja auch einer der Gründe, Frau Saoudi, warum wir heute lediglich digital zusammenkommen. Von Beginn der Corona-Krise an findet zum Schutz von uns allen die Arbeit soweit möglich vom Home-Office aus statt. Nahezu die komplette Belegschaft arbeitet noch immer „remote“ – auch in den Regional- und Fachgruppen ist ein Großteil des Austausches seit Anfang April ins Netz umgezogen. Nach einer anfänglichen Übergangsphase, übrigens mit viel Engagement und Kreativität bei allen Beteiligten, hat sich das Online-Format mittlerweile etabliert. Die Marke von 275 regionalen Veranstaltungen aus 2019 werden wir vermutlich wieder erreichen können. Die Beteiligung an den Regional- und Fachgruppenveranstaltungen hat sich durch die Online-Formate deutlich erhöht, ich glaube sogar verfünffacht. Zuvor lag die durchschnittliche Teilnehmerzahl bei rund 20 Teilnehmern, mittlerweile sind dreistellige Teilnehmerzahlen keine Seltenheit. Der Rekord lag bei mehr als 250 Teilnehmern. Wenn ich das sehe, dann bin ich schon auch sehr stolz auf das, was wir alle im Verein in so kurzer Zeit alles bewegt haben.

Saoudi: Können wir bereits daran erkennen, dass diese neue Form der Arbeit und der Zusammenarbeit, die sich in der GPM aus dem Gebot der Stunde heraus entwickelt hat, nicht bloße Konzepte einer Übergangszeit sind? Haben wir getrieben durch die Pandemie neue Standards für eine neue Zukunft, eine neue Form der Zusammenarbeit gesetzt?

Klausing: Wissen Sie, Vieles was sich in den vergangenen sechs Monaten in der GPM verändert hat, wird auch nach der Pandemie durchaus Bestand haben. Wir sind digitaler, virtueller und flexibler geworden und das in ganz unterschiedlichen Bereichen. Natürlich gibt es andere Bereiche, für die ich es mir wünschen würde, dass es wieder so werden wird, wie es vorher war. Aber wer kann das schon voraussehen. Die staatlichen Kontakt- und Veranstaltungsverbote haben in den vergangenen Monaten alle bundesweit geplanten Präsenzveranstaltungen betroffen und damit auch die Präsenzveranstaltungen unserer Trainingspartner und Lehrgangsanbieter. Auch die GPM Seminare sowie die Zertifizierungsprüfungen der PM-ZERT konnten über einen längeren Zeitraum nicht stattfinden. Damit fielen auch unsere wichtigsten Einnahmequellen erst einmal weitestgehend weg. Herrn Stumpf und mir war bewusst, um handlungsfähig zu bleiben, konnten wir nicht abwarten, sondern mussten unsere Entscheidungen schnell, gutüberlegt und flexibel treffen. Wir haben auf diese Ausnahmesituation entschieden, aber auch besonnen und gut beraten reagiert und uns Prioritäten gesetzt, an welchen wir unsere Entscheidungen – neben den Vorgaben der Bundesregierung – messen und abwägen. Oberste Priorität, das haben wir bereits besprochen, war und ist der Schutz und die Gesundheit aller. Aber eben auch die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit der GPM aufrecht zu erhalten, ohne dabei unsere Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden. Dazu gehörte vor allem unsere Funktionsfähigkeit in der Krisenzeit zu gewährleisten und weiterhin mit unseren Mitarbeitenden, Mitgliedern und Partnern in Verbindung zu bleiben und unsere Kommunikationswege zu sichern. Hierbei spielt die IT eine essenzielle Rolle und Herr Stumpf sowie alle Beteiligten haben hier hervorragendes geleistet. Mit der Einführung von webbasierten Zertifizierungsprüfungen beispielsweise sind wir seit Mai in der Lage, digitale Prüfungen ohne Präsenzpflicht anzubieten und durchzuführen.   

Saoudi: Da ist wirklich viel in Bewegung, auch Projekte, wie die „Mitgliederentwicklung 2020“ oder die Produktweiterentwicklung ICB4 – zur Konsolidierung und Qualitätssicherung unserer Weiterbildungsprodukte oder die Gehaltsstudie, wurden weiter vorangetrieben. Sogar unsere Leitveranstaltungen, das PM Forum und der PMO Tag, finden 2020 erstmals rein digital statt. Im Oktober werden drei Tage digital den State of the Art des Projektmanagements abbilden. Auch mit dieser rein digitalen Ausgabe betritt die GPM neues Terrain.

Klausing: Ja, darauf blicken wir alle sehr gespannt und ich bin beeindruckt, was hier von allen Beteiligten geleistet wird. Da steckt viel kreative Arbeit und Begeisterung drin, aber auch Mut und die Überzeugung, dass die neuen digitalen Möglichkeiten, die sich uns bieten, das Bewährte um weitere Facetten bereichern, und es ein voller Erfolg werden wird.

Saoudi: Alles was in den vergangenen sechs Monaten geleistet wurde und all das, was noch vor uns liegt, ist aber auch ein Kraftakt. Viele zeigen sich überrascht darüber, wie scheinbar reibungslos alles läuft. Wie nehmen Sie die Situation wahr?

Klausing: Auch ich empfinde es als durchaus ungewöhnlich, wie schnell sich die GPM auf die Ausnahmesituation und die neue Form der Zusammenarbeit eingestellt hat. In dieser Situation allerdings auch noch Außergewöhnliches zu leisten, ist bemerkenswert. Wir Menschen suchen alle Sicherheit und Orientierung, in einer Krise ist das meist schwer zu finden. Das Präsidium hat viele Maßnahmen ergriffen, um nachvollziehbar Sicherheit zu vermitteln und Orientierung zu geben. Unter anderem durch eine engmaschige und transparente, aber vor allem ehrliche Regelkommunikation gemeinsam mit allen Beteiligten und viel Platz für Fragen. Dadurch ist es uns gelungen, Ängste zu nehmen und Orientierung zu geben. Es gab Wochen, da haben sich die Fakten und damit unsere Realität kaum vorhersagen lassen, aber auch damit sind wir, Herr Stumpf und ich sowie alle Abteilungsleiter ehrlich umgegangen. Menschen haben in solch sensiblen Situationen ein feines Gespür dafür, wem sie vertrauen können. Dieses Vertrauen haben wir nie aufs Spiel gesetzt und wir hatten beileibe nicht nur gute Nachrichten im Gepäck. Dabei konnten wir zum Glück auf der Arbeit unseres Werte-Teams aufbauen, das bereits seit 2018 hervorragende Arbeit zum Kultur- und Wertewandel leistet.

Saoudi: Auf eine transparente und proaktive Kommunikation hat die GPM nicht nur intern großen Wert gelegt, sondern auch innerhalb ihrer gesamten Öffentlichkeitsarbeit. Unsere Krisen- und Corona-Kommunikation ist auf großen Zuspruch gestoßen.

Klausing: Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um mich an dieser Stelle bei allen Beteiligten für den großartigen Einsatz, die hervorragende Arbeit, aber vor allem für das entgegengebrachte Vertrauen in dieser außergewöhnlich schwierigen und unsicheren Zeit zu bedanken.

Saoudi: Prof. Klausing, als Präsident der GPM sind Sie ja auch eine Art „Brückenbauer“, denn Ihre Aufgabe ist es auch, dem Verein über die strategischen Ziele hinaus Orientierung zu geben, ihm Sichtbarkeit zu verleihen und ihm an wichtigen Stellen Gehör zu verschaffen. In diesem Auftrag sind Sie viel unterwegs, sind gern gesehener Gastredner und zu Veranstaltungen und Kongressen geladen. Dort platzieren Sie bei wichtigen Akteuren aus Wirtschaft, Forschung, Politik und Gesellschaft das Projektmanagement und die Arbeit der GPM. Doch wenn Sie für die GPM Gespräche mit Entscheidern führen, dann sind das ja keine vereinsinternen Themen, über die Sie ins Gespräch kommen. Es sind vor allem zukunftsweisende Themen mit hoher gesellschaftlicher Brisanz und Relevanz, die Ihre Gespräche prägen und über die Sie dann die Stärken des Projektmanagements in Verbindung setzen. Sie bauen also Brücken über zukunftsweisende gesellschaftsrelevante Themen – die die Menschen bewegen und zu denen sie einen leichten Zugang finden – hin zum Projektmanagement. Daraus sind bereits viele wertvolle Kooperationen entstanden. Doch konnten Sie diese Aufgabe in den vergangen sechs Monaten überhaupt fortführen?

Klausing: Auch wenn wir derzeit physisch nicht mehr so intensiv zusammenkommen wie vorher, führe ich diese Aufgaben selbstverständlich fort und ich kann Ihnen sagen, dass ich selbst überrascht bin, wie hervorragend das auch digital funktionieren kann. Die Leitveranstaltung des Public Sektor für Digitalen Wandel, der Zukunftskongress Staat & Verwaltung, ist in einem Kraftakt des Veranstalters Wegweiser gemeinsam mit dem Schirmherren BMI und den Partnern des Kongresses innerhalb von nur sechs Wochen auf ein digitales Format umgestellt worden. Ich durfte dann das Format im Juni gemeinsam mit den anderen Hauptpartnern eröffnen. Sie hatten zu Beginn unseres Gespräches das Aktionsprogramm „Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten“ erwähnt, lassen Sie mich das an dieser Stelle noch einmal aufgreifen: Hier gab es in diesem Jahr eine gute Entwicklung. Als Ergebnis des jahrelangen Dialogs mit der öffentlichen Verwaltung hat die GPM 2017 das Aktionsprogramm „Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten“ initiiert und an die Bundesregierung übergeben. Dem 2018 gegründeten Beirat des Aktionsprogramms gehören Vertreterinnen und Vertreter aus Bund, Ländern und Kommunen an. Ziel des Aktionsprogramms ist es, einen Beitrag dazu zu leisten, die Rahmenbedingungen für die erfolgreiche und gemeinwohlorientierte Umsetzung komplexer öffentlicher Projekte zu verbessern und Projektmanagement auch als Führungs- und Gestaltungsinstrument zu begreifen. Voraussetzung für die Wirksamkeit des Programms ist die Stärkung der Trägerschaft des Programms durch die öffentliche Verwaltung. Dieser Schritt ist in diesem Jahr dadurch gelungen, dass der Beiratsvorsitz, den ich zwei Jahre lang für die GPM innehatte, nun durch die Wahl der Beiratsmitglieder an einen Vertreter der öffentlichen Hand, in Person von Christoph Verenkotte, Präsident des BVA, übergegangen ist. Die Sichtbarkeit von Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung wird auch durch die jahrelange Aktivität der Europäischen Kommission in diesem Feld gestärkt, deren Ansatz PM2 großes Potential für professionalisiertes Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung birgt. Die GPM befindet sich in einem guten Austausch mit der EU Kommission, wie diese Bestrebungen stärker für die öffentliche Verwaltung in Deutschland nutzbar gemacht werden können.

Saoudi: In Ihrer Amtszeit haben Sie für viele weitere Kooperationen den Weg bereitet und das nicht nur im öffentlichen Sektor, wie mit der KGST oder dem BAMF, sondern z. B. auch mit dem VDE, der Südwestmetall oder der DGLR Deutsche Gesellschaft für Luft und Raumfahrt. Und auch durch Ihre Berufung – im Herbst 2017 – in den wissenschaftlichen Beirat der United Leaders Association (ULA), vertreten Sie die GPM in einer der wichtigsten deutschen Führungskräftevereinigungen, mit der Sie aktuell auch eine wertvolle Kooperation anstreben.

Doch lassen Sie uns den Blick wieder ein wenig mehr nach innen richten, denn auch in Ihrer Rolle als Delegierter der GPM und als Mitglied im Ethik-Komitee der IPMA haben Sie die Rolle der GPM innerhalb der IPMA, unserem Dachverband, dem derzeit über 70 internationale Verbände angehören, spürbar gestärkt.

Klausing: Die IPMA bietet ja das internationale System, in dem wir uns als GPM mit unserem Verständnis von Projektmanagement bewegen und für welches wir einstehen. In den zurückliegenden Jahren habe ich mich sukzessive in verschiedene Organe der IPMA einfinden können. Dadurch, dass ich als Delegierter der GPM und als ordentliches Mitglied im Ethik-Komitee der IPMA eingebunden bin, können wir inzwischen bereits frühzeitig wichtige Erkenntnisse über die Pläne und Arbeit der IPMA gewinnen und unseren Einfluss bereits im Vorfeld geltend machen und mitgestalten. Gemeinsam mit dem Vizepräsidenten Daniel Stumpf und GPM Mitgliedern, die in der IPMA aktiv sind, sowie auch mit Vertretern der spm und pma, haben wir insbesondere in den letzten Monaten unser Engagement in der IPMA strategisch abgestimmt ausrichten können – so wie es  – für den mittlerweile führenden Mitgliedsverein der IPMA – auch angemessen ist.

Saoudi: Prof. Klausing, es gäbe noch eine Vielzahl an spannenden Themen, über die wir heute sprechen könnten, doch lassen Sie es mich mit einer abschließend rückblickenden Frage dazu eingrenzen. Wenn Sie auf Ihre bisherige Amtszeit zurückblicken, was war Ihrer Meinung nach Ihre bisher größte Herausforderung?

Klausing: Als ich 2016 mein Amt angetreten bin, hatte die GPM kurz vorher die größte Strukturveränderung seit ihrer Vereinsgründung 1979 erfahren. Mit Beginn meiner Amtszeit musste die in der Strukturveränderung der GPM entwickelte neue Satzung erst einmal mit Leben gefüllt werden. Das ist mir, gemeinsam mit den verschiedenen Gremien, von Jahr zu Jahr besser gelungen.

Dass dieser Prozess – im Vergleich zu Prozessen in Organisationen der freien Wirtschaft – länger gedauert hat, ist unserer Vereinsstruktur, aber auch dem von mir gewählten – maximal partizipativen Ansatz für den Prozess geschuldet. Warum war mir das wichtig? Die Chance bei der Erstellung eines gemeinsamen Leitbildes und einer neuen strategischen Ausrichtung liegt im Entstehungsprozess selbst, indem die wichtigsten Akteure aktiv beteiligt werden. Am Ende kann ein Werk stehen, das Orientierung bietet, bestehende und künftige Standards der täglichen Arbeit definiert und Handlungsfelder für die Zukunft benennt. Richtig geführt kann so ein Prozess, wie die GPM ihn durchlaufen hat, also über den Dialog, aber auch über Diskussionen um bestehende Werte, Normen und Ziele die Sinnhaftigkeit und das Selbstverständnis der GPM verdeutlichen, die im Arbeitsalltag vieler anderer Organisationen so nicht immer spürbar sind. Ein so gestalteter Prozess kann auch motivierende und nachhaltig kräftigende Wirkung innerhalb einer Organisation entfalten, allerdings nur, wenn der Entstehungsprozess an der Basis verankert ist und im gesamten Entwicklungszeitraum mit ihr rückgekoppelt bleibt.

Saoudi: In dieser Zeit hat sich auch die hauptamtliche Organisation stark entwickelt.

Klausing: Ja, das war ein sehr bedeutender Teil innerhalb des Gesamtprozesses. Im Hauptamt wurden die Abteilungsstrukturen angepasst, das Projekt- und Portfoliomanagement ausgebaut und die Organisation ist insgesamt reifer und fachlich professioneller geworden. Viele Erfolge der GPM aus den letzten Jahren sind auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Geschäftsstellen zu verdanken.

Der gesamte Verein hat sich strategisch neu ausgerichtet und einen zukunftsfähigen strategischen Überbau erarbeitet. Angefangen mit unserem Leitbild, welches unsere Vision und Mission beschreibt, über die mit allen Mitgliedern gewählten, gemeinsamen Werten, hin zu den 2018 verabschiedeten strategischen Zielen – insbesondere für einen mittelgroßen Verein, ist dies wirklich eine großartige Errungenschaft.

Diese Transformation war und ist essenziell, um die GPM intern zu stabilisieren und neu auszurichten und hat meines Erachtens viel dazu beigetragen, dass wir in den vergangenen sechs Monaten – unter dem Einfluss der Corona-Krise – so gut zusammenarbeiten und so effektiv handeln konnten. Er war allerdings auch notwendig, damit ich – um es mit Ihren Worten zu sagen, als „Brückenbauer“ – das Projektmanagement und die Arbeit der GPM bei wichtigen Entscheidern auch erfolgreich und zielgerichtet platzieren kann.

Saoudi: Prof. Klausing, Ihre Amtszeit endet mit diesem Jahr. Was sind Ihre Pläne für die Zukunft? Werden Sie der GPM für weitere fünf Jahre erhalten bleiben?

Klausing: Ich hoffe ganz klar, die GPM auch noch eine weitere Amtszeit führen und weiterentwickeln zu dürfen. Nach einiger Überlegung halte ich dies für den richtigen nächsten Schritt und habe deswegen meine Kandidatur für weitere fünf Jahre angekündigt.

Saoudi: Was waren konkret Ihre Überlegungen in dieser Sache?

Klausing: Nun, die aktuelle Situation legt nahe, dass eine gewisse Kontinuität und Stabilität für den Verein wichtig sind – ich bin überzeugt, gemeinsam mit Herrn Stumpf, die GPM weiter sicher durch die Krise und aus ihr hinaus steuern zu können. Wir sollten jetzt als Verein keine Energie auf einen Kurswechsel verwenden, die benötigen wir dringen an anderer Stelle. Ich möchte außerdem die erwähnten Dialoge und Kooperationen für die GPM weiterführen – viele fangen ja erst jetzt an erste Früchte zu tragen und ich fände es für alle Beteiligten sehr schade, wenn diese nun nicht geerntet werden könnten.

Außerdem – und das darf man nicht vergessen – sind wir erst seit knapp einem Jahr zu zweit im Präsidium – davon nun über sechs Monate in der Corona-Krise. Für meine Arbeit heißt das, dass ich mich erst mit dem Amtsantritt von Vizepräsidenten Daniel Stumpf voll auf meine präsidialen Aufgaben konzentrieren kann. Und ich würde gerne sehen, was unsere Zusammenarbeit in den kommenden Jahren noch alles erreichen kann. 

Langjährige PR-Beraterin, Kommunikations- & Marketingexpertin betreut bei der GPM die Themen Marketing-Kommunikation und Pressearbeit mit dem Fokus Corporate Communications, Thought Leadership, Kampagnensteuerung und Sonderprojekte.


Langjährige PR-Beraterin, Kommunikations- & Marketingexpertin betreut bei der GPM die Themen Marketing-Kommunikation und Pressearbeit mit dem Fokus Corporate Communications, Thought Leadership, Kampagnensteuerung und Sonderprojekte.


Kommentare

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25.01.2024 – 19:13

Klaus Wagenhals

ein schönes und spannendes Interview - danke Frau Saoudi und danke Herr Prof. Klausing. man könnte noch so viel fragen - z.B. kommt für mich im Interview das Thema interner Change etwas kurz weg und die vielfältigen Hürden - das ist ja nicht nur eine Frage der Beteiligung, der Gespräche, der Strategie und deren Umsetzung. ich erlebe leider im Zusammenhang mit der Tatsache, dass Sie Herr Klausing angekündigt haben, eine weitere Amtszeit gestalten zu wollen, üble Kommunikation und "traditionelle Haltungen" von Mitgliedern unseres Vereins, die mich an alte Zeiten erinnert. Insofern würde ich da fragen wollen, ob der Hinweis auf die wertvolle Arbeit der Werte-Gruppe genügt, oder ob man dazu nicht persönliche Gespräche mit klarer Orientierung führen (es heisst nicht umsonst "führen") muß. soweit mal meine Kommentierung. HG und weiter so. Klaus Wagenhals