– 20.11.2020

So gelingt die Einführung einer neuen Software

Welche Hürden überwunden und welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, damit der digitale Wandel auch in Krisenzeiten gelingt / Teil I

 

Um wettbewerbsfähig zu bleiben, setzen Unternehmen seit einigen Jahren auf die Digitalisierung weiter Teile ihrer Geschäfts- und Arbeitsbereiche – ein Trend, der über alle Branchen hinweg zu beobachten und vor dem aktuellen Hintergrund wichtiger ist, denn je. Doch unabhängig von dieser Vielfalt, haben die Digitalisierungsprojekte eine Gemeinsamkeit: Sie verlangen von den Mitarbeitern, dass sie sich von ihrer bisherigen Arbeitsweise verabschieden und mit neuen Softwarelösungen und digitalen Prozessen befassen - ein Wandel der nur gelingen kann, wenn einige Widerstände überwunden werden, wie man nicht erst seit der Corona-Pandemie weiß.

Sechs verschiedene Erfolgsfaktoren sind bei der Einführung einer neuen Softwarelösung entscheidend. Identifiziert hat sie die Schulungsabteilung von InLoox unter der Leitung von Trainerin Gabriele Ressel. Wie die Einführung gelingen, sich die Hürden beim digitalen Wandel überwinden und die Erfolgsfaktoren nutzen lassen, beschreibt diese dreiteilige Serie zur erfolgreichen Einführung moderner Softwarelösungen.

Die persönliche Erfahrung Ressels, woran Projekte zur Einführung neuer Softwarelösungen scheitern, deckt sich an einigen Stellen mit den Untersuchungsergebnissen, die die Standish Group herausgefunden und bereits 2019 in ihrem jährlichen Chaos Report veröffentlicht hat.

Top 10 Ursachen des Scheiterns

1.     Unvollständige Anforderungen

2.     Mangelnde Einbeziehung der Nutzer

3.     Mangel an Ressourcen

4.     Unrealistische Erwartungen

5.     Mangelnde Unterstützung durch die Geschäftsleitung/C-Management

6.     Ändern von Anforderungen und Spezifikationen

7.     Mangelnde Planung

8.     Software wird nicht mehr gebraucht

9.     Mangelndes IT-Management

10.  Mangelndes technisches Know-how

Vor allem zwei Aspekte lassen sich bestätigen: Erstens, ist der Mangel an technischem Know-how nur selten der Grund für das Scheitern einer Softwareeinführung. Und zweitens wird die menschliche Komponente so gut wie immer unterschätzt so dass erst reagiert wird, wenn es zu offensichtlichen Problemen kommt. Leider ist es dann meistens schon zu spät, um das Ruder noch herumzureißen.

Falscher Fokus

Warum ist das so, und was lässt sich dagegen tun? Bei der Einführung einer Software liegt der Fokus zumeist auf den technischen und logistischen Herausforderungen sowie auf den Anforderungen an die Funktionalität. Da passiert es sehr leicht, dass im Fahrplan bis zum Tag X der Einführung kein einziges Mal mit den betroffenen Mitarbeitern und Abteilungsleitern gesprochen wird. Das passiert zwar so gut wie nie mit Absicht, sondern wird in der Regel schlicht durch mangelhafte Planung verursacht. Im Endeffekt ist es dann jedoch so, dass der Mitarbeiter vor vollendete Tatsachen gestellt wird Die neue Software ist installiert oder ein Online-Zugang eingerichtet, und der Mitarbeiter muss damit arbeiten.

Experten-Tipp: Die Projektverantwortlichen müssen sich darüber im Klaren sein, dass von der Veränderung ganz konkret Menschen in ihrer persönlichen Arbeitsweise betroffen sind; mitunter haben diese sogar Vorbehalte oder Ängste. Deshalb muss man von Anfang an direkt mit den Mitarbeitern kommunizieren. Vor allem wenn eine tiefgreifende Veränderung vonstattengeht, sollten die Bedürfnisse der betroffenen Personen rechtzeitig berücksichtigt werden.

Die Geschäftsführung einbinden

Eine neue Software bedeutet immer organisatorischen Wandel: Prozesse müssen hinterfragt und neu definiert werden. Arbeitsschritte geändert und Projekte neu gedacht und aufgesetzt werden. Von Anfang an sollte gewährleistet sein, dass die Geschäftsführung eingebunden wird. Ein wichtiges Signal kann hier die Teilnahme am Workshop bzw. einer Schulung sein – egal ob in Präsenzform oder als Online-Format. In großen Unternehmen empfiehlt sich vorab und mit einem langfristigen Planungshorizont zu kommunizieren, um die Strategie, den Hintergrund und künftige Vorteile der neuen Software zu erläutern.

Experten-Tipp: Von Anfang an müssen alle wissen: die Chefetage steht dahinter. Auch wenn sich niemand aus dem C-Level aktiv in das Projekt einbinden lässt, sollte eindeutig signalisiert werden, dass die Geschäftsleitung hinter dem Projekt steht – insbesondere, wenn es darum geht, kontroverse Entscheidungen zu fällen.

Das Wir gewinnt

Das Wir-Gefühl ist sehr mächtig und steht dem Gefühl der Fremdbestimmung und Entmachtung gegenüber. Gabriele Ressel erinnert sich, dass auch sie an den ersten Tagen in ihrem neuen Job das Gefühl hatte, fremdbestimmt zu sein. Der Grund: Sie bekam einfach per Mail Aufgaben zugeteilt, ohne dass jemand mit ihr persönlich gesprochen hatte.

Aus dieser persönlichen Erfahrung hat sie für die Trainingskonzepte ihre Schlüsse gezogen und weist in ihren Schulungen darauf hin, wie wichtig es ist, dass die Kollegen ernst genommen werden und so ein Gemeinschaftsgefühl entsteht. Und sie berichtet von einem weiteren Beispiel: „In einem Kundenworkshop zeigte sich die Problematik der Entmachtung besonders eindrücklich: Ein Abteilungsleiter stellte in großer Runde die Frage, was davon zu halten sei, wenn andere Abteilungsleiter einfach seine Mitarbeiter in Projekten einplanen, ohne das mit ihm abzusprechen. Nach einem betretenen Schweigen stellte sich dann heraus, dass das von der Geschäftsleitung ausdrücklich erlaubt war, jedoch offensichtlich nicht kommuniziert worden war.“

Das stellt einen Eingriff in den Kompetenzbereich der Leiter dar und führt unweigerlich zu einer ablehnenden Haltung gegenüber der neuen Arbeitsweise mit der Software.

Experten-Tipp: Man sollte nicht in den Kompetenzbereich anderer eingreifen – schon gar nicht, ohne mit den Betroffenen gesprochen zu haben (und schon gar nicht Führungskräfte mit Personalverantwortung). Sobald sich ein Kollege übergangen fühlt, wird er eine ablehnende Haltung entwickeln und das Projekt bzw. die Einführung einer neuen Software oder eines neuen Prozesses nur unzureichend unterstützen.

Im nächsten Teil der Serie verrät Dr. Andreas Tremel unter anderem, welche Leitlinien und Regeln zur erfolgreichen Umsetzung eines Software-Einführungsprojekts beitragen.

Dr. Andreas Tremel ist Gründer und Geschäftsführer der InLoox GmbH, eines in München ansässigen Unternehmens, das die gleichnamige Projektmanagement-Software entwickelt und vertreibt.


Dr. Andreas Tremel ist Gründer und Geschäftsführer der InLoox GmbH, eines in München ansässigen Unternehmens, das die gleichnamige Projektmanagement-Software entwickelt und vertreibt.


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