– 01.07.2022

Wie Organisationen und Unternehmen innovativ werden und bleiben [Teil 1]

 

Auf dem Weg zum innovativen Unternehmen und welche Rolle Projektmanagement dabei spielen kann.

 

Bemerkenswert an Innovationen ist die mehrfache Ambivalenz. Statt einer eindeutigen Begriffsdefinition existiert eine Sammlung an Innovationsmerkmalen. Die Mehrzahl an Organisationen wollen zwar innovativ sein, gestehen sich aber ein, dass sie mehr tun müssten. Außerdem hapert es an der Umsetzung von Innovationen in den Organisationen. Im Folgenden sollen ausgewählte Ansätze zur Umsetzung von Innovationen beschrieben und ferner die Umsetzung von Innovationen betrachtet werden. Es geht darum, welche Voraussetzungen Unternehmen schaffen müssen: etwa durch Führungsstil sowie Managementsysteme, -methoden und -praktiken eine kulturelle Basis samt Prozessen und Strukturen zu errichten, die die Innovationsfähigkeit fördern. Schließlich werden auch Auswirkungen und Ansätze für das Projektmanagement beleuchtet.


Triebkraft für Wachstum, Wohlstand und Lebensqualität

„Innovationen sind die wichtigste Triebkraft für Wachstum, Wohlstand und Lebensqualität“, so Paul M. Romer, Träger des Alfred-Nobel-Gedächtnispreises für Wirtschaft 2018. Romer hat ein wegweisendes Modell entwickelt, das erklärt, wie sich aus wirtschaftlichen Aktivitäten technischer Fortschritt ergibt und hieraus dann langfristiges Wachstum von Volkswirtschaften entsteht – und damit Relevanz von Innovationen wissenschaftlich weiter fundiert. [1]

Warum sind manche Organisationen oder Unternehmen innovativer als andere? Warum gelingt es einigen Wenigen offenbar leichter und immer wieder, innovative Produkte auf den Markt zu bringen? Weshalb sind viele größere Unternehmen nicht mehr so innovativ? Was sollte man tun? Obwohl Innovationsfähigkeit für die meisten, ja alle Organisationen und Unternehmen als erstrebenswert gilt [2], so gibt es nur relativ wenig belastbare empirische Untersuchungen und Studien darüber, was Organisationen nun tun – „unternehmen“ – können bzw. sollen, um nachhaltig innovativ zu sein. 


Kontinuierlich, wiederholbare Prozesse anstelle einmaliger Ideen

Experten sind sich darin einig, dass in innovativen Organisationen die Innovation keineswegs nur als eine einmalige Übung ablaufen kann. Eine erfolgreiche Idee macht noch kein innovatives Unternehmen aus. Zwar lässt sich eine gute Idee mit übermäßig viel Ressourceneinsatz auch schlichtweg zum Markterfolg „prügeln“. [3] Nachhaltig innovativ zu sein bedeutet aber, Voraussetzungen geschaffen zu haben, wodurch sich Innovationen im Laufe der Zeit wiederholt entwickeln und umsetzen lassen, die dann jeweils einen bedeutenden Beitrag zum Geschäftsergebnis eines Unternehmens liefern. 


Strategisch und gewinnbringend

Für einzelne Organisationen oder Unternehmen sind Innovationen strategisch, weil sie auf künftige potenzielle Erfolge gerichtet sind, die Wettbewerbsfähigkeit steigern und ein aus eigener Kraft erzeugtes, organisches Wachstum ermöglichen. Indes sind ihre Auswirkungen im Vergleich zu anderen Investitionen oder Firmenübernahmen weitaus stärker. Die Kraft von Innovationen löst eine Hebelwirkung aus: indem sie den Preis treiben, wirkt dies als wichtigster Multiplikator für den Gewinn.

Innovativ sein können Organisationen auf verschiedene Arten. Als die drei wichtigsten Arten gelten Produkt- oder Dienstleistungsinnovationen, Prozessinnovationen sowie Innovationen von Geschäftsmodellen. [4] [5]


Kurz- und langfristige Wettbewerbsfähigkeit verbessern und Wachstum ermöglichen

Wie wichtig Innovationen sowohl für die kurz- als auch die langfristige Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen sind, zeigen immer wieder Beispiele von Firmen, die die Folgen von Krisen kompensieren oder unabhängig von Krisenzeiten am Markt erfolgreich sein konnten. Gerade die jüngsten Beispiele aus der forschenden Pharmaindustrie verdeutlichen, dass Innovationen langfristig ausgelegt sein müssen, um gegebenenfalls kurzfristig innovative Lösungen auf den Markt bringen zu können. Biotech-Firmen wie Moderna oder Biontech konnten seit Beginn der COVID-Pandemie 2020 auf der Basis ihrer Innovationskraft kurzfristig Chancen nutzen, um neue Produkte zu entwickeln. Auf der Grundlage ihres spezifischen Produkt- und Technologie-Know-hows gelang es beiden Unternehmen, innerhalb eines Jahres jeweils neue Impfstoffe gegen das Corona-Virus zu entwickeln. 

Auf lange Sicht überleben schließlich diejenigen Organisationen und Unternehmen, die sich stets an veränderte Umweltbedingungen anpassen können. 

Weil fast alle innovativ sein wollen, aber kaum jemand in der Führungsetage der großen Unternehmen zufrieden ist, besteht ein enormes Missverhältnis. Wie eine 2015 durchgeführte Umfrage des Beratungsunternehmens McKinsey ergab, finden 84 Prozent der CEOs weltweit in Unternehmen, dass Innovationen extrem wichtig sind. Doch nur sechs Prozent der CEO sind mit ihrem Innovationsprozess zufrieden. [2]

Wie vielschichtig und unterschiedlich die Innovationsaktivitäten auch bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sind, zeigt ferner eine Studie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) vom 2019. KMU sind hinsichtlich ihrer Innovationstätigkeit eine sehr heterogene Gruppe. Sie unterscheiden sich stark bei den Inputs in den Innovationsprozess und damit in der Art und Weise, wie sie ihr für Innovationen benötigtes Wissen aufbauen. [6]


Kundenorientierter Ansatz: Fünf Disziplinen befolgen, um zu schaffen, was Kunden wollen

Die Innovationsexperten Curtis R. Carlson und William W. Wilmot haben ein Handbuch verfasst, das sich auf die Umsetzung von Innovationen konzentriert. [7] Der Leitfaden richtet sich an Unternehmen, die Innovationen anstreben oder ihre Unternehmenskultur verändern wollen. Das oberste Ziel der Innovation ist, den Kunden einen neuen Wert zu liefern.

Unternehmen, die bei der Entwicklung und Umsetzung von Innovationen erfolgreich sein wollen, sollten methodisch vorgehen, indem sie Innovation als Zweck und Prozess sehen, um den Kunden einen neuen Wert zuliefern. Hierbei gilt es, fünf Disziplinen der Innovation zu befolgen: [7]

 

1. Fokus auf den Kunden und seine Bedürfnisse legen.
Konzentrieren auf wichtige Bedürfnisse. Zu den Werten, die zu Zielen werden können, gehören Kundenwert, Unternehmens-, Aktionärs-, Mitarbeiter- und öffentlicher Wert.

2. Den Schwerpunkt auf die Wertschöpfung legen.
Hierbei gilt es, den Bedarf für ein Projekt zu ermitteln. Dann sollen Unternehmen die Einzigartigkeit des Projekts erklären, seinen Nutzen pro Kosten und wie es die Kosten-Nutzen-Kalkulation von konkurrierenden Projekten übertrifft. Zum Beispiel sollen Unternehmen einen Elevator Pitch entwickeln, um das Wertversprechen zusammenzufassen.

3. Gewinnen von unterstützenden Innovations-Champions.
Ein Innovations-Champion muss an den Wert eines Projekts glauben und die organisatorische Verantwortung für das Projekt übernehmen. Am besten haben Innovations-Champions jeweils Sparringspartner, um Innovationen anzustoßen. Als Vorbilder nennen die Autoren zum Beispiel Innovations-Duos wie Steve Jobs und Steve Wozniak bei Apple.

4. Einsetzen von (heterogenen) Innovationsteams.
Die Teammitglieder sollten komplementäre Fähigkeiten aufweisen, eine gemeinsame Vision teilen und als Team belohnt werden.

5. Organisatorische Ausrichtung der Ziele von Innovationsprojekten an den übergeordneten Zielen des Unternehmens.
Projekte müssen mit ihren übergeordneten Zielen übereinstimmen. Darüber hinaus sollten die Unternehmen zulassen, dass die durch kontinuierliche Wertschöpfung erzielten Ergebnisse dazu beitragen, dass die Kultur der Mitarbeiter verändert wird.


Carlson und Wilmot geht es darum, dass Unternehmen durch systematisches Innovieren den Wert für die Kunden steigern, indem sie sich auf entscheidende Bedürfnisse konzentrieren, viele Ideen entwickeln, die Ideen so organisieren, dass sie aufeinander aufbauen, und ausreichend Unterstützung für die Umsetzung der Ideen bereitstellen.

Im Vergleich dazu schlägt die Unternehmensberatung McKinsey einen sich mehr auf Fähigkeiten und Ressourcen beziehenden Ansatz vor, der acht, sich zum Teil überlappende, Praktiken umfasst, sodass insbesondere große Unternehmen wieder zu Innovatoren werden.



Im zweiten Teil dieses Blogbeitrags werden Sie mehr über diese acht Grundvoraussetzungen für innovative Unternehmen erfahren. Die Unternehmensberatung hat diese acht Elemente in zwei Kategorien gruppiert: Erstens strategische Faktoren, „was“ bei der Umsetzung zu tun ist, sowie zweitens organisatorische Elemente, die das „wie“ beschreiben: Wie Innovationen im Laufe der Zeit wiederholt und mit ausreichendem Wert bereitgestellt und organisiert werden können, um einen bedeutenden Beitrag zur Gesamtleistung zu leisten. Darüber hinaus wird beleuchtet, was nun eine erfolgreiche Unternehmenskultur ausmacht.

 


[1] „Innovationen sind die wichtigste Triebkraft für Wachstum, Wohlstand und Lebensqualität“ (Paul M. Romer, Universität Stanford). Romer erhielt 2018 den Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaft der Schwedischen Reichsbank. de.wikipedia.org/wiki/Endogene_Wachstumstheorie

[2] Marc de Jong, Nathan Marston, and Erik Roth (2015) The eight essentials of innovation, Mc Kinsey Quarterly, April 1, 2015; https://www.mckinsey.com/business-functions/strategy-and-corporate-finance/our-insights/the-eight-essentials-of-innovation

[3] Matt Banholzer (2022), In conversation: The CFO’s critical role in innovation – Interview;

Mc Kinsey; https://www.mckinsey.com/business-functions/strategy-and-corporate-finance/our-insights/in-conversation-the-cfos-critical-role-in-innovationhttps>http://www.rodrigocordero.org/de/die-10-arten-von-innovationen/http od. Deloitte (2022)

[6] Dr. Volker Zimmermann, Dr. Jörg Thomä (2019), Die Unternehmensperformance unterschiedlicher Typen von kleinen und mittleren Innovatoren, in: KfW Research, Fokus Volkswirtschaft, Nr. 265, 28. August 2019. Die KFW Studie hat dargestellt, dass kleine und mittlere Unternehmen (KMU) hinsichtlich ihrer Innovationstätigkeit eine sehr heterogene Gruppe sind. Sie unterscheiden sich stark bei den Inputs in den Innovationsprozess und damit in der Art und Weise, wie sie ihr für Innovationen benötigtes Wissen aufbauen. [7] Curtis Ray Carlson, William W. Wilmot (2006) Innovation: The Five Disciplines for Creating what Customers Want, Crown Business, New York

Dr. Andreas Tremel ist Gründer und Geschäftsführer der InLoox GmbH, eines in München ansässigen Unternehmens, das die gleichnamige Projektmanagement-Software entwickelt und vertreibt.


Dr. Andreas Tremel ist Gründer und Geschäftsführer der InLoox GmbH, eines in München ansässigen Unternehmens, das die gleichnamige Projektmanagement-Software entwickelt und vertreibt.


Kommentare

* Diese Felder sind erforderlich

Keine Kommentare