Wie viel verdienen agile, wie viel klassische Projektmanagerinnen und Projektmanager?

Das ist nur eine der Fragen, denen wir in der nunmehr 7. Gehaltsstudie der GPM nachgegangen sind.  

Niemals zuvor haben so viele Menschen an unserer im zweijährigen Rhythmus stattfindenden Karriere- und Gehaltsstudie im Projektmanagement im deutschsprachigen Raum teilgenommen: Diesmal waren es 1.650 Projektmanagerinnen und Projektmanager in Deutschland, Österreich und der Schweiz, die aktiv an der Befragung teilgenommen haben. Für uns ist das ein klares Indiz für die steigende Relevanz des Berufs der Projektmanagerin und des Projektmanagers in unserer Gesellschaft. Und ein Grund, all denjenigen, die daran teilgenommen haben, ein großes Dankeschön zu sagen!

Doch lohnt sich finanziell eine Karriere im Projektmanagement? Unsere Ergebnisse bestätigen sicherlich viele Menschen in ihrer Berufswahl. Dabei zeigt sich, dass insbesondere Weiterbildung und eine anschließende Zertifizierung sich in deutlich höheren Einkommen widerspiegeln. Interessant ist, dass insbesondere die Inhaber agiler Zertifikate höhere Gehälter aufweisen. Agile Kompetenzen sind somit ein eindeutiges Asset für eine Karriere im Projektmanagement. Befragte, die in agilen Methoden geschult sind, verdienen nicht nur mehr, sie sind auch überdurchschnittlich erfolgreicher mit ihren Projekten. In zunehmend volatilen, ungewissen Zeiten verwundert dies nicht, aber unsere Studie ist die erste, die diese Annahme fundiert bestätigt.    

Hingegen ist es erstaunlich, dass agile Vorgehensmodelle derzeit nur bei relativ wenigen Unternehmen wirklich zum Einsatz kommen, nämlich nur in kleinen und andererseits in sehr großen Unternehmen, wenig jedoch in mittelgroßen Unternehmen, die immerhin das Rückgrat unserer Wirtschaft darstellen. Bedenklich ist, dass nur knapp die Hälfte der befragten Unternehmen den agilen Herangehensweisen insgesamt positiv gegenüber eingestellt ist. Unsere Studie zeigt erstmals, dass es insbesondere das agile Mindset des oberen Managements ist, das eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg von agilen Herangehensweisen darstellt. Hier ist offenbar dringender Handlungsbedarf geboten, um die Führungskräfte hierzulande vom Nutzen agiler Vorgehensmodelle zu überzeugen.    

Nachdenklich macht auch, dass Projektmanagerinnen trotz der intensiven Equal Pay-Debatten und Antidiskriminierungsinitiativen in den vergangenen Jahren noch immer 11,3 % in Deutschland und in Österreich sogar 21,5 % weniger als ihre männlichen Kollegen verdienen. Dabei fällt der Unterschied bei den variablen Gehaltsbestandteilen am größten aus: In Deutschland beträgt der Unterschied im Durchschnitt 37 %, in Österreich sogar 56 %. Dass im Jahr 2020 in Mitteleuropa noch solche gravierenden Geschlechterunterschiede beim Gehalt bestehen, muss sowohl die Projektmanagerinnen, deren Vorgesetzte und die Personalabteilungen in den Organisationen, aber auch Gewerkschaften und die Politik auf den Plan rufen.       

Doch es gibt auch positive Entwicklungen: In der Einstiegskohorte der Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger verdienen junge Frauen genauso viel wie ihre männlichen Kollegen. Es bleibt zu hoffen, dass diese neue Generation von selbstbewussten Frauen, die erste sein wird, die das Phänomen der Gläsernen Decke nicht selbst erfahren muss. Alle Studien und auch meine persönlichen Erfahrungen mit weiblichen Studierenden zeigen, dass junge Frauen kein Bewusstsein für Diskriminierung haben. Dies ist gut und schlecht zugleich: gut, weil es zeigt, dass sie bisher in Schule und Universität stets gleich behandelt wurden, schlecht, weil es ihnen somit an Sensibilität für die subtilen Formen der Diskriminierung von Frauen in Organisationen fehlt.         

Wir haben in dieser Karrierestudie unseren Schwerpunkt auf das Thema Agilität in Organisationen gelegt. Die Mehrheit der in Projekten tätigen Personen hat offenbar erkannt, dass es bei Agilität nicht um ein „Entweder-Oder“ geht, sondern, dass alle verfügbaren Projektmanagement-Methoden so in den jeweiligen Projekten einzusetzen sind, dass für Kunden und Unternehmen der größtmögliche Nutzen entsteht. Dieses neue Projektdesign-Kompetenzelement ist bereits Bestandteil der aktuellen ICB 4 und zeigt, dass Individuen und Organisationen ihre dynamischen Fähigkeiten kontinuierlich weiterentwickeln müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.  

Dies ist nur ein Ausschnitt der vielen interessanten Ergebnisse der aktuellen Karriere- und Gehaltsstudie der GPM. Wenn Sie GPM Mitglied sind, haben Sie kostenlos Zugriff auf die neue Gehaltsstudie, für Nichtmitglieder ist sie kostenpflichtig bei der GPM bestellbar. Der Vergleich des eigenen Gehalts mit dem anderer Projektmanagerinnen und Projektmanager dient der persönlichen Orientierung und kann somit als fundierte Grundlage für die nächste Gehaltsverhandlung dienen.  

Prof. Dr. Yvonne Schoper berichtet über aktuelle Forschungsthemen u. a. von (inter-)nationalen Fachtagungen und Kongressen. Ihr Forschungsgebiet ist das Interkulturelle Projektmanagement und die Themen Führung, Teamentwicklung, Selbstmanagement, Kommunikation und Coaching.


Prof. Dr. Yvonne Schoper berichtet über aktuelle Forschungsthemen u. a. von (inter-)nationalen Fachtagungen und Kongressen. Ihr Forschungsgebiet ist das Interkulturelle Projektmanagement und die Themen Führung, Teamentwicklung, Selbstmanagement, Kommunikation und Coaching.


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