– 30.04.2025

Projektauftraggeber im Fokus: Mehr als nur der Startschuss fürs Projekt

In vielen Unternehmen wird Projektmanagement professionell betrieben – mit qualifizierten Projektleiterinnen und Projektleitern, etablierten Methoden und klaren Abläufen. Doch oft bleibt eine Schlüsselrolle unterbelichtet: die des Projektauftraggebers. Dabei hat diese Rolle entscheidenden Einfluss darauf, ob ein Projekt sein Ziel erreicht oder auf halber Strecke scheitert.

Die unterschätzte Schlüsselfigur im Projekt

Ein Projektauftraggeber ist weit mehr als derjenige, der ein Projekt formal beauftragt. Er oder sie sorgt dafür, dass das Vorhaben strategisch eingebettet ist, trägt Verantwortung für den Business Case und begleitet das Projekt durch alle Phasen aktiv mit. Dies erfordert nicht nur Führungsstärke, sondern auch Zeit, Engagement und ein grundlegendes Verständnis für Projektmanagement.

Die Praxis zeigt: Erfolgreiche Projekte haben in der Regel starke Auftraggeber – solche, die die Projektleitung unterstützen, Ressourcen sichern, Hindernisse aus dem Weg räumen und wichtige Entscheidungen fundiert treffen.

Wo der Projektauftraggeber im Unternehmen steht

Oft kommt der Projektauftraggeber aus der Linienorganisation, häufig aus dem mittleren oder oberen Management. Er trägt Verantwortung für strategische Ziele seiner Organisationseinheit und nutzt Projekte als Mittel zur Zielerreichung. Im operativen Projektgeschehen agiert er als Schnittstelle zwischen Projektteam, Linienorganisation und, bei Bedarf, dem Lenkungsausschuss.

Die organisatorische Verankerung ist entscheidend. In reifen Projektorganisationen ist die Rolle des Auftraggebers klar definiert, beispielsweise über ein PMO oder standardisierte Governance-Strukturen. In anderen Fällen ist sie vage und abhängig von der jeweiligen Führungskraft. Je klarer die Einbettung, desto effektiver die Rolle.

Drei Phasen, drei Rollen

Die Rolle des Projektauftraggebers verändert sich im Projektverlauf:

1. Vor dem Projektstart

Hier liegt der Fokus auf der strategischen Bewertung und Priorisierung von Projektideen. Dazu gehört:

  • Formulierung von Zielen und Visionen,
  • Entwicklung eines belastbaren Business Case,
  • Auswahl einer geeigneten Projektleitung,
  • und die formale Beauftragung.

2. Während der Projektlaufzeit

Jetzt geht es um aktives Mitwirken – in der Steuerung, im Stakeholdermanagement und in der Krisenbewältigung. Der Projektauftraggeber:

  • unterstützt bei Ressourcenthemen,
  • kommuniziert projektübergreifend,
  • kontrolliert regelmäßig den Business Case,
  • trifft Entscheidungen bei Ziel- und Planänderungen.

3. Nach Projektabschluss

Auch nach dem Projektende bleibt seine Verantwortung bestehen. Nur wenn die Projektergebnisse tatsächlich genutzt und im Unternehmen verankert werden, wird der erhoffte Nutzen realisiert.

Lenkungsausschuss als Steuerungsgremium

In größeren Projekten übernimmt der Lenkungsausschuss (LA) die strategische Steuerung. Der Projektauftraggeber führt häufig den Vorsitz. Der LA bewertet Entscheidungsgrundlagen, trifft Maßnahmen bei Zielabweichungen und übernimmt eine Schlüsselfunktion in der Kommunikation zwischen Projekt und Unternehmensführung. Entscheidend ist, dass der LA nicht bloß kontrolliert, sondern aktiv unterstützt – etwa durch das Auflösen von Blockaden oder das Einbringen politischer Rückendeckung.

Klassisch oder agil – die Rolle bleibt entscheidend

Je nach verwendetem Projektvorgehen (klassisch, hybrid oder agil) verändern sich Aufgaben und Formate, nicht aber die Verantwortung des Projektauftraggebers. Im agilen Umfeld, beispielsweise im Rahmen von SAFe®, übernimmt der sogenannte Business Owner viele der klassischen Auftraggeberaufgaben – eingebettet in strukturierte Events wie PI-Plannings oder System Demos.

Konkreter aus SAFe®:

Der Business Owner bringt die strategischen Ziele in die Planung ein, bewertet Teamziele, priorisiert Backlogs und stellt den geschäftlichen Nutzen sicher. Dabei steht er im regelmäßigen Austausch mit Product Management, Systemarchitektur und Release Train Engineer. So bleibt auch im agilen Umfeld die geschäftliche Verantwortung klar auf Führungsebene verortet – wenn auch in enger Zusammenarbeit mit den Teams.

Typische Fehlannahmen – und ihre Folgen

In der Praxis zeigt sich, dass Projektauftraggeber ihre Rolle oft missverstehen. Häufige Fehlannahmen sind:

  • „Mit der Beauftragung ist meine Aufgabe erledigt.“
  • „Das Projekt läuft schon – ich werde informiert, wenn es brennt.“
  • „Für Budget- oder Ressourcenprobleme ist der Projektleiter zuständig.“

Diese Haltungen gefährden den Projekterfolg. Stattdessen braucht es Auftraggeber, die Risiken frühzeitig erkennen, aktiv begleiten und Entscheidungen mit Weitblick treffen.

Typische Entscheidungen – und ihre Vorbereitung

Ein zentrales Merkmal guter Projektauftraggeber ist die Fähigkeit, fundierte Entscheidungen zu treffen – etwa:

  • über Projektstart oder Abbruch,
  • über das weitere Vorgehen bei Zielabweichungen,
  • über Scope-Anpassungen, Budgetänderungen oder Ressourcenumschichtungen.

Grundlage dieser Entscheidungen sind gut vorbereitete Entscheidungsunterlagen – in der Vorprojektphase durch eine Arbeitsgruppe, im Projektverlauf durch das Projektteam.

Kompetenzen, die zählen

Ein effektiver Projektauftraggeber bringt neben strategischem Weitblick auch ein solides Verständnis von Projektmanagementmethoden mit. Er kennt klassische Phasenmodelle, agile Frameworks, Governance-Strukturen und die Zusammenhänge zwischen Business Case, Projektverlauf und Nutzenrealisierung. Dieses Wissen kann gezielt aufgebaut werden – etwa durch kompakte Weiterbildungsformate für Führungskräfte.

Darüber hinaus zählen:

  • Geschäftsverständnis zur Bewertung von Nutzen, Risiken und Chancen,
  • Entscheidungsstärke und Konfliktfähigkeit,
  • Kommunikationsfähigkeit,
  • sowie ein Gespür für Stakeholdermanagement und Governance.

Gute Projektauftraggeber sind Vorbilder – nicht nur durch ihre Fachlichkeit, sondern durch ihre Haltung und Handlungsbereitschaft.

 

Dieser Beitrag basiert auf dem Artikel "Der Projektauftraggeber" von Michael Atzor, Michael Boxheimer, Thomas Hunziker, G.Ortner, Christian Rudischer und Hartmut Wenzler, erschienen in der PM AKTUELL, Ausgabe 04/2022. Mehr über das Fachmagazin der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. erfahren Sie hier.

Die GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. ist ein gemeinnütziger Fachverband für Projektmanagement. Dieser trägt wesentlich zur Professionalisierung und Weiterentwicklung des Projektmanagements in Deutschland bei und bietet umfangreiche Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung sowie zur Zertifizierung im Projektmanagement.


Die GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. ist ein gemeinnütziger Fachverband für Projektmanagement. Dieser trägt wesentlich zur Professionalisierung und Weiterentwicklung des Projektmanagements in Deutschland bei und bietet umfangreiche Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung sowie zur Zertifizierung im Projektmanagement.


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