– 11.12.2020

So gelingt die Einführung einer neuen Software, Teil II

Wie Regeln für Orientierung sorgen und wo es manchmal gut ist, sich von Altbewährtem zu verabschieden

 

Der Erfolg eines Softwareeinführungsprojekts hängt neben der aktiven Einbindung der Mitarbeiter (Teil I) auch davon ab, die richtigen Regeln festzulegen. Vor allem deshalb, weil es nicht selten darum geht, etablierte Strukturen zu überwinden und neue Wege einzuschlagen – was nicht immer leichtfällt. Wer da noch die individuellen Anforderungen oder Corona-bedingten Einschränkungen der verschiedenen Projektbeteiligten berücksichtigen möchte, benötigt umso mehr klare Leitlinien.

Derartige Richtlinien lassen sich am effektivsten im Rahmen des Einführungsprozesses in Form eines Handbuchs festhalten und kommunizieren - das schafft klare Leitlinien und Verbindlichkeit. Firmen und Organisationen, die diesen Weg gegangen sind, haben die Erfahrung gemacht, dass die Akzeptanz der Mitarbeiter gegenüber einer Software sowie den damit einhergehenden neuen Prozessen viel größer ist als ohne eindeutige Richtlinien.

Experten-Tipp: Die Regeln sollten in einem lebenden Dokument zusammengefasst und an zentraler Stelle abgelegt werden. So können sich nicht nur diejenigen, die aktuell in das Projekt involviert sind, sondern auch interessierte Kollegen und künftige Projektmitglieder jederzeit über die Hintergründe und Ziele dieser Softwareeinführung informieren.

Die Kunst dabei ist allerdings, dass durch die Richtlinien kein Gefühl der Fremdbestimmung aufkommt. Deshalb müssen auch die Regeln und Rahmenbedingungen sorgsam und nachhaltig kommuniziert werden. Schulungen und kurze, informative Meetings helfen dabei, das Verständnis zu erhöhen und für mehr Akzeptanz zu sorgen – in Krisenzeiten sind auch Online-Meetings ein wirkungsvolles Format. Wichtig ist, dass alle an einem Strang ziehen und sich mit der Veränderung identifizieren. Ist das nicht der Fall, sind die positiven Effekte, die man sich von der Einführung der Software verspricht, kaum zu erzielen.

Experten-Tipp: Besonders dann, wenn Meetings virtuell abgehalten werden, ist die Länge ein wichtiger Faktor. Um Akzeptanz für die neue Software-Lösung zu schaffen, muss zuerst die Aufmerksamkeit der Beteiligten gewonnen werden. Dies gelingt am besten mit mehreren kurzen (virtuellen) Meetings, die jeweils sehr spezifische Themen behandeln und Gelegenheit zum Austausch bieten.

Gerade wenn es sich um eine Software handelt, die unternehmensweit eingeführt werden soll, ist deren abteilungsübergreifende Akzeptanz unumgänglich.

Experten-Tipp: Es sollte nicht so sein, dass die individuellen Interessen einer einzelnen Abteilung dominieren. Das würde dazu führen, dass die Software zwar sehr gut auf deren Anforderungen angepasst und die Nutzung teilweise höher ist. Da jedoch alle anderen Abteilungen mit diesen spezifischen Anpassungen nur wenig anfangen können, würden diese sich ignoriert fühlen.

Dennoch muss allen klar sein, dass es die eierlegende Wollmilchsau nicht gibt. Was die Anforderungen angeht, gilt: Es sollte immer der kleinste gemeinsame Nenner gefunden werden. Dieser ist eine gute Basis dafür, dass alle mitgenommen werden, sich an die Regeln halten und auf das gemeinsame Ziel hinarbeiten. Sicherlich kann man individuelle Anpassungen vornehmen – aber die gelten dann für alle. Deshalb sollte deren Notwendigkeit immer hinterfragt werden, und wenn Funktionen eingeführt werden, die für einzelne Abteilungen oder Prozesse zusätzlich ausgelegt sind, sollten auch diese den zuvor festgelegten Richtlinien entsprechen.

Experten-Tipp: Soviel Standard wie möglich, soviel Anpassung wie nötig.

Damit die Regeln aber nicht zu einem Korsett werden und jede Innovationskraft im Keim ersticken, ist es wichtig, die Vision hinter der Einführung neuer Lösungen aufzuzeigen. Das lässt sich anhand der Einführung einer Projektmanagement-Software zeigen, die zum Beispiel ein Tool wie Excel ablösen soll, das in vielen Unternehmen nach wie vor für das Planen, Steuern und Umsetzen von Projekten genutzt wird.

Die geliebte, weil bekannte Excel-Planung gibt natürlich gerade in einer Phase des Umbruchs, wie es eine Software-Einführung ist, Halt und Sicherheit. Allerdings verstellt sie auch die Sicht auf das Potential der neuen Software. So ist beispielsweise die Anforderung schlicht unrealistisch, dass die Projektmanagement-Software genauso funktionieren soll wie die Excel-Planung mit allen Makros. Ähnlich verhält es sich auch bei anderen Projekten, und deshalb sollten vorhandene Lösungen und Strukturen weder ignoriert noch als heilige Kühe behandelt werden, sondern man muss sie konkret in den Umbruchprozess einbeziehen.

Experten-Tipp: Wer „alte Zöpfe abschneiden“ will muss nicht nur mutig sein und wissen, was er tut, sondern auch eine Vorstellung von der neuen Frisur haben. Ähnlich wie ein Friseur sollte man den Mitarbeitern deshalb anschaulich aufzeigen, welche Vorteile die Veränderung mit sich bringt. Dass die meisten Menschen aufgeschlossen und lösungsorientiert sind, hat sich nicht zuletzt beim weitverbreiteten, durch Corona forcierten, Wechsel ins Homeoffice gezeigt. 

Wie aber lassen sich die im obigen Beispielfall erwähnten eingefleischten Excel-Fans für eine neue Software begeistern? Indem man die Mehrwerte der neuen Lösung immer wieder darstellt. So hat zum Beispiel InLoox-Trainerin Gabriele Ressel erlebt, wie bei einem Kunden während einer Schulung einer der alten Hasen mit viel Erfahrung und Routine in seinem Beruf den Kommentar einwarf, dass er in der Zeit, die es brauche, die Daten in die neue Software einzugeben, bereits das ganze Projekt exekutiert hätte. Da gab es zuerst natürlich Gelächter. Doch dies zeigte der Trainerin, dass die Vorteile der Software nicht deutlich genug gemacht wurden.

Grundsätzlich sind Schulungen – egal ob im Präsenz- oder Online-Format – ein probates Mittel, um Akzeptanz zu fördern. Um die Teilnehmer hier aktiv einzubinden, sollten sie ihre Ideen, Erfahrungen und Wünsche einbringen können – schließlich wissen sie durch ihre tägliche Praxis, wozu sie die frühere Software verwendet haben und wie sie eine neue Software besser nutzen können.

Im nächsten Teil der Serie geht es unter anderem darum, wie sich Endlosdiskussionen vermeiden und Nachjustierungen erfolgreich umsetzen lassen.

Dr. Andreas Tremel ist Gründer und Geschäftsführer der InLoox GmbH, eines in München ansässigen Unternehmens, das die gleichnamige Projektmanagement-Software entwickelt und vertreibt.


Dr. Andreas Tremel ist Gründer und Geschäftsführer der InLoox GmbH, eines in München ansässigen Unternehmens, das die gleichnamige Projektmanagement-Software entwickelt und vertreibt.


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